Prozess um Schwebebahn-Rowdy Scheibe eingeschlagen wegen angeblicher Panik-Attacke

Wuppertal · Kurioser Vorfall in der Schwebebahn: Am 19. September 2019 verlor ein Schwebebahn-Fahrgast offensichtlich die Geduld, schlug während eines technisch bedingten Stopps an der Haltestelle Werther Brücke in Wuppertal-Barmen mit einem Notfall-Hammer eine Fensterscheibe der Bahn ein und kletterte hinaus. Jetzt wurde der Vorfall vor dem Amtsgericht verhandelt.

Mit einem Notfall-Hammer schlug der Mann von Innen eine Scheibe der Schwebebahn ein und kletterte hinaus. (Archivfoto)

Mit einem Notfall-Hammer schlug der Mann von Innen eine Scheibe der Schwebebahn ein und kletterte hinaus. (Archivfoto)

Foto: Mikko Schümmelfeder

Nahezu tiefenentspannt wirkte ein junger Mann, als er zum Nothammer griff und das Fenster einschlug. Mit einer Sporttasche in der Hand sprang er auf den Bahnsteig, um dort in aller Seelenruhe durch die wartenden Fahrgäste hindurch zur Treppe zu schlendern. Von Eile keine Spur, und ein schlechtes Gewissen scheint den genervten Fahrgast auch nicht geplagt zu haben. Zeugen hatten den Vorfall mit dem Handy gefilmt, das Video wurden später auf YouTube hochgeladen.

Die Schwebebahn war zuvor wegen eines technischen Defekts an der Werther Brücke zum Stehen gekommen, ohne die Türen öffnen zu können. Der Fahrer hatte die Fahrgäste per Durchsage informiert, von Panik konnte keine Rede sein. Dass sie der 31-Jährige dennoch gehabt haben könnte, wurde von Polizeibeamten ziemlich schnell ausgeschlossen. Dort scheint der Mann kein Unbekannter gewesen zu sein, vom Polizeisprecher war dazu zu hören: „Mehrere Kollegen haben ihn erkannt. Wir hatten schon mit ihm zu tun und werden mit ihm sprechen. Die Stadtwerke hatten Anzeige gegen den Drogenabhängigen erstattet, es werde wegen Sachbeschädigung ermittelt.

Nun wurde die Sache vor dem Amtsgericht verhandelt und schnell war klar: Die Nothammer-Aktion war bei weitem nicht alles, was die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten vorzuwerfen hatte. In der Anklage werden noch sechs Diebstähle aufgelistet, von denen einer gemeinschaftlich begangen worden sein soll. Demzufolge soll sich der 31-Jährige im März 2019 mit zwei Mittätern zum Verwaltungsgebäude einer Firma in Wuppertal begeben haben. Dort angekommen, soll er mit einem der Komplizen die Außentüre aufgehebelt haben - derweilen habe der Dritte im kriminellen Bunde draußen „Wache gestanden“. Im Bürogebäude sollen 69 Büros durch Aufhebeln oder Eintreten geöffnet und durchsucht worden sein. In einem angrenzenden Gebäude sollen weitere Büros durchwühlt und mehrere Laptops entwendet worden sein.

Es folgte ein Einbruch in ein Eiscafé, dort soll der Angeklagte 700 Euro aus der Kasse genommen haben. Nach dem Aufbruch des Fensters eines Friseursalons sollen weitere 65 Euro hinzugekommen sein. Im August 2019 soll der 31-Jährige ein auf Kipp stehendes Fenster eines Nagelstudios aufgehebelt und dort 1.200 Euro Bargeld, zwei IPads und einen Laptop in die Tasche gesteckt haben. Dann folgte die Nothammer-Aktion in der Schwebebahn, bei der die Stadtwerke einen Sachschaden von 5.000 Euro zu beklagen hatten. Im Oktober 2019 soll der Angeklagte dann auch noch in einen Friseursalon in Velbert eingestiegen sein, um dort 1.380 Euro Bargeld aus der Kasse zu stellen.

Nach seiner Flucht aus einer psychiatrischen Einrichtung hatte ihn eine Polizeistreife auf der Friedrich-Engels-Allee gesichtet, von wo aus er durch die Wupper auf das Schwebebahngerüst geflohen war. Dort soll der Mann mehrfach damit gedroht haben, sich umbringen zu wollen. Noch bevor die hinzugerufenen Spezialeinsatzkräfte eingetroffen waren, hatte er sich in polizeiliche Obhut begeben.

Zum Prozess beim Amtsgericht wurde der 31- ährige nun aus der Untersuchungshaft vorgeführt. Die Diebstähle räumte er ein – den Griff zum Nothammer begründete er mit Panikattacken, die ihn nach 15 Minuten des unfreiwilligen Halts überkommen hätten. Wegen dieser Sachbeschädigung verurteilte ihn der Amtsrichter zu vier Monaten Haft, unter Einbeziehung der Einzelstrafen für die Diebstähle wurde eine Gesamtstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verhängt.

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