Haftstrafe für den Regiobahn-Messerstecher

Wuppertal · Eine Tat aus religiösem Hass hatte der Staatsanwalt dem Angeklagten zu Prozessbeginn unterstellt. Dem schloss sich das Gericht nicht an. Beim Strafmaß folgte es jedoch weitgehend der Anklagebehörde.

Der 21-jährige wurde wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Landgericht zu drei Jahren und neun Monate Haft verurteilt. Zu der Tat war es kurz vor Oberbarmen in der Regionalbahn nach einem Fußballspiel gekommen. Das Opfer, ein BVB-Fan, feierte in einer Gruppe den Sieg seiner Mannschaft. Der Angeklagte war mit zwei Begleitern aus Wuppertal unterwegs, die er im Sommer als Bewohner eines Flüchtlingsheims kennengelernt hatte. Diese zwei sagten aus, man habe sich zufällig getroffen. Und: Der 21-Jährige habe wohl Drogen konsumiert.

Zu den laut Zeugen "hammerartigen Stichen" mit einem Schweizer Taschenmesser soll es nach einem Streit im Gang gekommen sein. Auslöser waren womöglich Ärger ums Rauchen oder um eine harsche Bemerkung. Laut Staatsanwalt war der Angeklagte, ein Moslem, durch die Bekreuzigung des Fans gereizt. Doch der 21-Jährige erklärte, sich an nichts zu erinnern. Er habe aber 18 Jahre in Italien gelebt und sei an Katholiken gewöhnt.

Der Vorsitzende Richter Robert Bertling stellte fest: "Ich habe selten Bilder mit so schrecklichen Verletzungen gesehen." Das Gericht folgte mit dem Urteil weitgehend dem Antrag von Staatsanwalt Dr. Hauke Pahre. Der war am Ende des Prozesses von seiner Anklage abgerückt, wonach es sich um einen Mordversuch aus religiösem Hass gehandelt haben sollte: "Das ist nicht sicher festzustellen." Verteidiger Klaus Sewald hatte eine Bewährungsstrafe beantragt: Sein Mandant habe sich nur gegen Provokationen gewehrt.

Der Angeklagte hörte das Urteil sichtlich getroffen an. Er kann Revision einlegen. Bis zur Rechtskraft bleibt er wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft. Über den Aufenthalt des Mannes in Deutschland entscheidet später eine Verwaltungsbehörde.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Meistens nachts gerufen
Pastoralreferent Dr. Gerhard Dittscheidt verlässt die Notfallseelsorge Meistens nachts gerufen