Neulich ... in der Stadthalle Abgang, Applaus, Nationalhymne

Wuppertal · "Ich habe extra mal eine rote Krawatte angelegt", scherzte er noch im Foyer. Aber am Rednerpult auf der Stadthallenbühne erlebte der voll besetzte große Saal einen sachlichen, eher ernsten Peter Jung.

 Peter Jungs letzter Auftritt als Oberbürgermeister in seinem „Wohnzimmer“, der Historischen Stadthalle auf dem Johannisberg.

Peter Jungs letzter Auftritt als Oberbürgermeister in seinem „Wohnzimmer“, der Historischen Stadthalle auf dem Johannisberg.

Foto: Karl-Heinz Krauskopf

Der scheidende OB hatte früh angekündigt, dass dies sein letzter öffentlicher Auftritt im Amt werde.

Naheliegend: Hatte er doch das alljährliche Benefizkonzert zum Tag der Deutschen Einheit vor neun Jahren aus der Taufe gehoben. Und: War ihm doch das Orchester schnell ans Herz gewachsen — lange Zeit auch dessen Leiter Toshiyuki Kamioka, der jedoch im nächsten Jahr ebenfalls den Taktstock an einen Nachfolger übergibt. Und vielleicht hängen beide Wechsel ja ein bisschen miteinander zusammen ...

Viele Zahlen spickten Jungs Rede: 25 Jahre Deutsche Einheit, das zehnte Benefizkonzert aus diesem Anlass, 150.000 Euro für gute Zwecke erwirtschaftet. Aber er kritisierte wie in den Vorjahren auch die Einbahnstraßenförderung in Richtung Osten: "Während blühende Städte wie Dresden immer noch unterstützt werden, wissen wir hier nicht, wie wir unsere Schlaglöcher schließen sollen!" 300 Millionen Euro hat Wuppertal in den Solidarfonds eingezahlt — das sind gleich zwei Döppersberge, aber solch eine Bemerkung verkniff sich Jung.

Stattdessen listete er noch einmal die Entwicklung der Stadt in seiner Amtszeit auf: 6,5 Prozent weniger Arbeitslose, Stabilisierung der Einwohnerzahl, 120.000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze und einen bevorstehenden Haushaltsausgleich. Alles in allem ein Fundament, auf das der neue OB gut aufbauen könne, dem er dabei "alles erdenklich Gute und Gottes Segen" wünsche.

Stehender Applaus der Gäste im Anschluss an eine vergleichsweise nüchterne Rede — möglicherweise aus einer immer noch tief sitzenden Verbitterung über das Wahlergebnis. Aber das würde Jung selbst nie so sagen. Er knüpfte vielmehr zum Schluss an fröhlichere Zeiten an, als er fragte, welcher OB denn schon mit der Nationalhymne verabschiedet werde, mit dem das Konzert seinen Anfang nahm.

Und, Herr Jung: War das jetzt wirklich die letzte Amtshandlung? "Definitiv. Ich fand, es war eine passende Gelegenheit und möchte auch keine Verabschiedung im Rathaus, das hätte nur wieder Geld gekostet. Außerdem", fügt er hinzu, "haben solche Veranstaltungen immer etwas von Grabreden, bei denen der Delinquent noch zappelt." Offensichtlich beginnt er, seinen Humor wieder zu entdecken ...

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