Leserbrief „Selbst Opfer des Systems“

Betr.: Satire „Transportprobleme“ von Roderich Trapp, Rundschau vom 25. Juni

Leserbrief an die Wuppertaler Rundschau zur Satire "Transportprobleme"
Foto: Rundschau

Eine gelungene Satire zeichnet sich nicht nur durch Ironie und bissigen Spott, sondern vor allem durch Humor aus. Dieser fehlte leider völlig. Besonders traurig: Der Abschnitt, in dem Sie die Taxifahrt beschreiben. Da haben Sie die beiden Ölberge erwähnt. Den in Jerusalem und den in Wuppertal. Ersterer ist allen gläubigen Christen als heiliger Ort aus dem neuen Testament der Bibel bekannt, der andere, in Wuppertal, ist für alle heimatliebenden Wuppertaler auch fast so etwas wie heilig. Beide Gruppen, wobei die eine die andere nicht ausschließt, dürften sich unangenehm berührt gefühlt haben.

Beide haben tatsächlich Gemeinsamkeiten. Beide Ölberge sind Treffpunkte verschiedener Religionen und Völker. Davon jedoch kein Wort, sondern eher ein Hinweis darauf, dass der Fahrer offensichtlich kein eingeborener Wuppertaler war. Das ist nicht schön und schon gar nicht lustig. Das nur am Rande. Hätten Sie sauber rechercheirt, hätten Sie bei dem Dilemma Ihrer Taxifahrt über die Gründe, weshalb einige Taxifahrer, übrigens bundesweit, kaum über Ortskenntnis verfügen, Bescheid gewusst. Da wird dieser eine Fahrer herausgepickt, sich auch noch über sein Deutsch mit Migrationshintergrund lustig gemacht. Das kann man auch als diskriminierend auslegen. Anstatt die Hintergründe dafür, - das System -, zu kritisieren.

Der einzelne Fahrer ist selbst Opfer des Systems. Er weiß es nicht besser. Er denkt, alles ist in bester Ordnung, alles müsste genauso sein. Der Gesetzgeber selbst hat das so gewollt. Denn zum 1. August 2021 trat ein neues Personenbeförderungsgesetz in Kraft, das besagt, dass wer den Personenbeförderungsschein erwerben will, keine Ortskenntnisprüfung mehr abzulegen hat. Das heißt, es ist ausreichend, gesund zu sein, gute Sehfähigkeit zu besitzen und Autofahren zu können, dann kann jeder den Personenbeförderungsschein, umgangssprachlich Taxischein, bekommen, denn es gibt ja das allheilbringende Navi. Ortskenntnisse? So etwas braucht doch kein Mensch.

Der zweite, sehr wichtige Punkt ist, dass es Taxiunternehmer gibt, die solche Berufsanfänger in diesem Dienstleistungsgewerbe einen Taxischlüssel in die Hand drücken und sagen: „Mach mal.“ Dieser Missstand ins uns wohl bewusst und wir müssen daran arbeiten. Darüber hätten Sie sich satirisch äußern dürfen. Das hätte sicher den einen oder anderen Kollegen wecken können. Ich selbst bin seit 1989 Taxiunternehmerin in Wuppertal. Wenn ich bedenke, wie wir, also meine Kollegen und ich, uns Mühe gegeben haben, aus den blutigen Anfängern gute Taxifahrer werden zu lassen, obwohl diese eine schwierige Ortskenntnisprüfung erfolgreich abgelegt hatten.

Es gibt Überlegungen, durch Petitionsschreiben die neue Bundesregierung dazu zu bewegen, die Ortskenntnisprüfung wieder einzuführen. Zumindest müssen wir dahin kommen, dass die Taxiunternehmer, die ja auch Auftraggeber sind, wieder anfangen, ihre Berufsanfänger besser anzulernen oder zu schulen.

Da mir zum Schluss gerade der Sinn nach Satire steht, guter Roderich, lassen Sie sich noch eines gesagt sein: „Wer glaubt, dass der Taxifahrer Sie als Kolumnist der Wuppertaler Rundschau erkannt hat, der glaubt auch, dass ein Zitronenfalter Zitronen faltet.“ Im dem Sinne: Bis die Tage.

D. Rüb-Pawelzik

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