Top Magazin Die bunte Welt der Backstubengalerie

Wuppertal · Was haben eine Vierjährige und ein schon seit Jahrzehnten etablierter Künstler gemeinsam? Sie haben beide in der Backstubengalerie ausgestellt. Kein Witz, sondern sympathisches Konzept der Galeristen-Freundinnen Sabine Kremer und Karin Schwertner, die am Ölberg einen Ort ohne Naserümpfen, aber mit viel Begegnung geschaffen haben.

Blick in die Backstubengalerie
8 Bilder

Blick in die Backstubengalerie

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Die Künstlerin, die samt 30 ihrer großformatigen Werke im Mai Halt in der Backstubengalerie gemacht hat, ist weit gereist. Die Tochter eines Wuppertaler Unternehmers und einer chinesischen Regisseurin stellte bereits in Peking aus. Amelie Li Rösler ist vier Jahre alt, spricht drei Sprachen und drückt sich am liebsten mit Farbe aus. Großflächig, explosiv und wild, das ist ihr Kosmos, den sie auf die Leinwand bringt. Grenzenlos und bunt — das Kindergartenkind malt sich die Welt, wie sie ihr gefällt. Und das an Orten, die manch ein Erwachsener noch nie bereist hat.

Bilder:

Denn Amelie Li malt eigentlich überall. Zu Hause und im Kindergarten. Oder halt auf der Chinesischen Mauer. Ein Foto beweist das Unglaubliche, ein Moment, der wahrscheinlich großen Künstlern den Atem geraubt hätte. Aber Amelie Li, damals drei Jahre alt, wirkt unbeeindruckt und konzentriert sich auf das Wesentliche, auf das, was für sie meist die größte Rolle spielt, die Farbe und die große Fläche. Und so sitzt das kleine Mädchen auf der Leinwand, auf der längsten Mauer der Welt, vor ihr liegt China, Amelie Li pinselt selig vor sich hin.

Ein Wunderkind, ist das die Botschaft, die Familie Rösler mit solchen Bildern senden möchte? "Um Gottes Willen", sagt ihr Vater Guido Rösler lachend. "Das, was Amelie macht, könnten wahrscheinlich viele Kinder." Nur haben sie nicht die Möglichkeit und so bleibt die kleine Amelie doch eine große Besonderheit. Nach Ausstellungen in China findet die junge Künstlerin in ihrer Heimatstadt Wuppertal große Bewunderung. Ihre Ausstellung in der Backstubengalerie zeigt Werke aus Portugal, die zwar — ganz Amelie — bunt sind, aber nicht nur wegen der eingearbeiteten Muscheln an den Strand und das Meer der Algarve erinnern.

Amelies Geschmack für Farbe teilt die Galeristin, die die Bilder an die Wuppertaler Wand gebracht hat. Sabine Kremer liebt es selbst, die Welt in ihren buntesten Facetten auf Leinwand zu bringen. "Keine Apokalypse oder dunkle Stimmung", sagt die Künstler finde man unter ihren Werken. Eher menschliche, leichte, alltägliche Situationen, abstrahiert und doch erkennbar. Während Amelies Bilder in der Backstubengalerie hingen, wurden Kremers Bilder, die sie selbst dem Neoexpressionismus zuordnet, im März in New York ausgestellt.

"Eine wunderbare Ehre", sagt die Wuppertalerin, die seit 2016 zwischen ihrer Heimatstadt Wuppertal und Thüringen hin und her pendelt. Mit dabei: Die dort kennengelernte und lieb gewonnene Freundin Karin Schwertner, mit der sie gemeinsam die Galerie auf dem Ölberg betreibt. "Ich finde eine Galerie wegen der Menschen, die sie besuchen, sehr spannend", sagt Karin Schwertner, die unter anderem den Internet auftritt der Galerie betreut. "Vielfältig und breit gefächert". Denn genau so ist das Konzept der Galerie angedacht, mal gehören die Wände der vierjährigen Amelie, mal der über 80-jährigen Künstlerin mit jahrzehntelanger Erfahrung.

Niederschwellig das soll die Backstubengalerie sein, Kunst keine Angst machen, sondern inspirieren. "Jeder, der vorbei geht, ist eingeladen, sich umzuschauen — ohne etwas kaufen oder sich rechtfertigen zu müssen", betont Schwertner. Und wen die Kunstbegeisterung dann doch packt, der kann sich sein erstes Sammlerstück für wenig Geld mitnehmen. 10 Euro kosten die Wundertüten, in jeder steckt ein kleines, handgemaltes Kunstwerk.

 Galeristin Sabine Kremer liebt die Unbeschwertheit in Amelies Bildern.

Galeristin Sabine Kremer liebt die Unbeschwertheit in Amelies Bildern.

Foto: Max Höllwarth

Apropos klein und Kunst: Amelie hat sich indessen wieder auf den Weg gemacht. Wohin ihr Weg wohl führen mag, das wissen zum Glück weder Amelie noch ihre Eltern. "Wenn sie weiter malen mag, werden wir das fördern", sagt der Vater, für den aber letztlich nur zählt, dass Amelie zu einem selbstbewussten und freidenkenden Menschen aufwächst — mit oder ohne Pinsel.

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