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Dr. Heike Döll-König: „Wuppertaler BUGA-Konzept ist faszinierend!“

Dr. Heike Döll-König (Tourismus NRW) : „Wuppertaler BUGA-Konzept ist absolut faszinierend!“

Seit die Stadt vor gut zwei Wochen die überarbeitete Machbarkeitsstudie für eine Bundesgartenschau 2031 in Wuppertal vorgestellt hat, sind die Diskussionen über das Projekt neu entbrannt. Im Fokus stehen die Finanzen: Geschätzt 70 Millionen Euro müsste Wuppertal selbst in den rund 120 Millionen Euro umfassenden Investitions- und Durchführungshaushalt einbringen. Wäre das Geld gut angelegt? Rundschau-Redaktionsleiter Roderich Trapp hat darüber mit Dr. Heike Döll-König gesprochen. Sie ist Geschäftsführerin von „Tourismus NRW“, dem als Verein organisierten und eng ans Wirtschaftsministerium angebundenen Dachverband der Tourismusbranche im bevölkerungsreichsten deutschen Bundesland.

Rundschau: Wuppertal setzt auf die Idee einer nachhaltigen „Circular BUGA“ mit der Schwebebahn, einer Seilbahn, der größten Hängebrücke der Welt und der Nordbahntrasse als Teil des Mobilitätskonzepts. Wie hört sich das für Sie an?

Dr. Döll-König: „Eine BUGA klingt ja immer erstmal gut. Aber entscheidend ist im Wettbewerb der vielen touristischen Angebote das Konzept – und dieses ist absolut faszinierend! Denn hier werden zwei zentrale Aspekte in Einklang gebracht: Man schafft mit bestehenden und neuen Landmarken herausragende Points of Interest und greift andererseits mit der nachhaltigen Mobilität ein zentrales Profilthema der Bergischen Region auf. Ich würde für so eine BUGA die Daumen drücken, denn ich halte Wuppertal bisher noch für touristisch unterschätzt.“

Rundschau: Inwiefern?

Dr. Döll-König: „Wuppertal hat unglaublich viel zu bieten. Landschaftlich, kulturell und vom Erlebniswert her. Pina Bausch, Engels-Haus, Skulpturenpark, die Schwebebahn, Von der Heydt-Museum, der Zoo, die Stadthalle, die Nordbahntrasse – das sind alles touristische Alleinstellungsmerkmale. Und eine BUGA würde es Besuchern leichter machen, sie alle im Zusammenhang wahrzunehmen.“

  • Die Wuppertaler BUGA würde drei Kernareale
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  • Die drei Kernbereiche des Buga-Konzepts samt
    Neues Gutachten : Buga-Pläne: Zoo ist jetzt mit drin und alles ein Kreislauf
  • Henrik Dahlmann (Freie Wähler).
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Rundschau: Wie schätzen Sie die Zugkraft dieses BUGA-Konzepts ein? In der Machbarkeitsstudie werden im pessimistischen Szenario 1,8 Millionen und im optimistischen 2,2 Millionen Besucher kalkuliert. Ist das realistisch?

Dr. Döll-König: „Die BUGA in Heilbronn 2019 hatte 2,3 Millionen Besucher, die 2011 in Koblenz, die wegen der Seilbahn als spektakulärem Bestandteil vielleicht für den Vergleich besser ist, hatte 3,5 Millionen. Also kann man sich ruhig trauen, in den optimistischen Bereich zu gehen.“

Rundschau: Eines der Ziele der neuen Tourismusstrategie des Landes NRW ist die Vernetzung zwischen dem Tourismus und der Standortentwicklung. Wäre eine BUGA diesen Zuschnitts in Wuppertal nicht ein Paradebeispiel dafür?

Dr. Döll-König: „Absolut. Diese BUGA wäre ja nichts Temporäres, sondern würde die Stadt dauerhaft nach vorne bringen. Das muss man den Menschen vor Ort deutlich machen. In unserer Strategie geht es darum, Städten Qualitäten zurückzugeben oder neue zu schaffen. Die Ansprüche von Bürgern und Touristen unterscheiden sich da interessanterweise gar nicht so sehr: Für beide ist zum Beispiel die Frage ganz wichtig, wie die Mobilität vor Ort funktioniert. Kann ich mich da ohne Auto gut bewegen? Und ist das vielleicht nicht nur Verzicht, sondern macht das sogar Spaß? In Wuppertal wäre das dann der Fall. Und die neu gewonnene Lebensqualität strahlte dann natürlich auch auf das Image aus, wenn es darum geht, Städte für neue Arbeitnehmer oder als Studienort attraktiv zu machen.“

Rundschau: Die reinen Kosten sagen nichts darüber aus, welchen Einfluss eine BUGA auf die Wirtschaft in Wuppertal hätte. Gibt es da Erfahrungswerte?

Dr. Döll-König: „Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass ein Tages- tourist ungefähr 27 Euro in der Stadt lässt und ein Übernachtungsgast im Schnitt 90 bis 100 Euro. Die Königsklasse sind die Geschäftsreisenden mit 160 Euro. Deshalb ist auch das Messe- und Incentive-Geschäft im Zusammenhang mit der BUGA ein wichtiger Faktor. Kongresse, aber auch Tagungen und Meetings, gehen gerne dort hin, wo sich ein attraktives Rahmenprogramm darstellen lässt.“

Rundschau: Zu diesen Zahlen würde die Idee passen, für die BUGA ein Zweitagesticket anzubieten. Ein Tag mit Zoo und Stadt, einer mit dem Rest der BUGA ...

Dr. Döll-König: „Das wäre sehr plausibel. Man muss geeignete Pakete schnüren und entsprechende Aufenthaltsqualität bieten, dann entsteht noch mehr Wertschöpfung. Wer vor Ort ist, kauft auch vor Ort. Shopping ist ein wesentliches Element bei Städtereisen. Außerdem wird auch der Tourismus-Umsatz selbst gerne unterschätzt.“

Rundschau: Wie meinen Sie das?

Dr. Döll-König: „Tourismus – das klingt immer so sanft und harmlos. Aber der Tourismus hat einen Anteil von knapp sieben Prozent an der Beschäftigung in NRW. Er ist ein Wirtschaftsfaktor, Punkt! Und zwar einer, der Umsätze und Arbeitsplätze bringt, die vor Verlagerung geschützt sind. Von Touristen profitieren nicht nur Branchen wie Hotellerie und Gastgewerbe, die man auf den ersten Blick damit in Verbindung bringt, sondern auch viele andere. Das hat man jetzt während der Corona-Pandemie leider deutlich gesehen.“

Rundschau: Was muss Wuppertal aus der Sicht von Tourismus-Profis berücksichtigen, wenn es mit der BUGA Menschen anlocken will?

Dr. Döll-König: „So etwas ist kein Selbstläufer, einfach nur tolle Bilder zu erzeugen, reicht nicht. Man braucht vor allem ein zeitgemäßes Marketing. Da geht es nicht nur um Kooperationen mit Veranstaltern von Tagestouren und Gruppenreisen, sondern auch um die richtige Ansprache von Zielgruppen mit digitalen Mitteln. Die Inspirationsphase verläuft inzwischen oft digital. Aber viele potenzielle Besucher werden nicht aktiv auf eine BUGA-Website gehen, die bewegen sich in Netzwerken, dort muss man sie erreichen. Studierende vor Ort sind zum Beispiel wichtige Botschafter für eine Stadt. Und schließlich: Wir gewöhnen uns immer mehr daran, die Reise erst während der Reise per Smartphone zu organisieren. Dann kommt es auch auf eine gute Datenbasis vor Ort an.“

Rundschau: Wuppertal ist digitale Modellkommune – also ein Pluspunkt auch für den Tourismus in der Stadt?

Dr. Döll-König: „Ja, denn es ist extrem wichtig, dass eine Destination digital gut funktioniert. Über digital verfügbare Infos und ihre Vernetzung entscheidet sich heute, wie sich der Tourismus wirtschaftlich auswirkt.

Rundschau: Wuppertal will eine dezidiert nachhaltige BUGA. Sind ökologische Gesichtspunkte eigentlich heute schon ein Kriterium bei der Entscheidung für einen Ausflugsort oder ein Kurzurlaubsziel?

Dr. Döll-König: „Das ist vielleicht aktuell noch nicht so unmittelbar spürbar. Aber alle Prognosen gehen davon aus, dass das zukünftig so sein wird.“