Leser Zweifel erscheinen angebracht

Betr.: Kooperation zwischen den Herzzentren Wuppertal und Siegburg

Die Präsentation des Kooperationsmodells ist nach meiner Auffassung zu optimistisch geraten. Die Nachteile für die Patienten werden übergangen. Beide Herzzentren hatten bisher jeweils zwei Chefärzte, also insgesamt vier. Nunmehr gibt es zwei Chefärzte und zwar die aus Siegburg, die an zwei bis drei Tagen in Wuppertal (Dependance?) tätig werden. Das bringt sicherlich eine erhebliche Einsparung von Personalkosten und erhöht die Rendite.

Ich befürchte aber, dass dies nicht zum Wohle der Patienten gereicht, wie das nachstehende Beispiel zeigt: Im März 1998 wurde ich in der Kardiologie untersucht, es wurde festgestellt, dass ein Herzinfarkt unmittelbar bevorstand und dass eine Ballon-Dilatation nicht mehr möglich war. Der Herzchirurg musste also ran. Das war damals Herr Professor Dr. Vetter, der gegen 20 Uhr benachrichtigt wurde, auf dem Sprung zu einer privaten Feier war, seinen Anzug gegen Operationskittel austauschte und in einer schwierigen, längeren Operation mir zwei Bypässe aufnähte. Dies war lebensrettend, bis heute!

Sollte ich noch einmal mit dem Verdacht eines Herzinfarkts konfrontiert werden, werde ich sicherlich nicht im Wuppertaler Helios-Klinikum um ärztliche Hilfe nachsuchen. Es bliebe dem Zufall überlassen, ob das lebensbedrohende Ereignis gerade an einem der zwei oder drei Tage stattfindet, an denen der neue Chefarzt in Wuppertal und nicht in Siegburg weilt.

Für mich bedeutet eine derartige Unsicherheit eine Art "russisches Roulette".

Zwar gehe ich davon aus, dass bei Abwesenheit des Chefarztes ein tüchtiger Oberarzt alles in seiner Macht Stehende tun würde. Indessen bin ich der Meinung, dass bei einem lebensbedrohenden Herzinfarkt der nach allen Informationen beste Arzt gerade gut genug ist.

Was nützt ein anerkannter, exzellenter Mediziner, wenn er nicht vor Ort ist, sondern 72 Kilometer entfernt in Siegburg arbeitet?

Unabhängig von der begrüßenswerten, fortschreitenden Operationstechnik ist das jetzige Angebot des Helios-Klinikums in Wuppertal im Vergleich zur bisherigen Organisationsform aus Patientensicht meines Erachtens ein Rückschritt und kein Ruhmesblatt für ein Universitätsklinikum.

Patientenwohl und Rendite schließen sich nicht aus: Das Patientenwohl muss aber stets absoluten Vorrang haben. Vorliegend erscheinen Zweifel angebracht.

Michael Schröder

(Rundschau Verlagsgesellschaft)
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