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Nur noch nützliche Idioten?

Nur noch nützliche Idioten?

Betr.: Engagement, Ehrenamt und Finanzierung in Sportvereinen

Das Grundsatzproblem, mit dem viele Vereine Mühe haben, ist genügend Ehrenamtliche und Menschen zu finden, die bereit sind, auch Verantwortung in Form eines offiziellen Amtes zu übernehmen. Das ist freilich in vielen Fällen nachvollziehbar.

Auch in unserem Verein, der immerhin etwa 1.500 Mitglieder hat und zu den großen Vereinen in Wuppertal gehört, hatten potenzielle Kandidaten für die Führungsämter vor allem mit dem Hinweis auf zu wenig Zeit abgewunken. Das ist nicht verwunderlich.

Die ohnehin Engagierten werden in den Vereinen deshalb in Mehrfachfunktionen gebraucht. Auch zur Mitgliederversammlung des Vereins finden sich vornehmlich jene ein, die bereits Ämter in ihren Abteilungen übernommen haben. Die anderen, die einfachen Vereinsmitglieder, bleiben von vornherein weg.

Eine überbordende Bürokratie sowie zunehmend notwendige Kompetenzen und Qualifikationen, die Vereinsführungen zur Bewältigung ihrer Aufgaben mitbringen müssen, tun ein Übriges. Vereinsrecht, Vereinssteuerrecht, Zuschusswesen, Mindestlohn — und Teilhabegesetz — all das ist kompliziert. Und neue Aufgaben kommen laufend hinzu, etwa die Integration von Flüchtlingen, oder der künftig erforderliche Umgang mit Führungszeugnissen von Ehrenamtlichen.

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Auch die wachsenden Ansprüche, die die Mitglieder an die Funktionsfähigkeit ihrer Vereine stellen, oder die Frage, inwieweit Vorstände für ihr Tun haften, schrecken viele Bewerber ab. So wird es ehrenamtlich getragenen Vereinen immer schwieriger oder gar unmöglich, einen Verein erfolgreich und nachhaltig zu führen.

Welche Wertschätzung wird aber den Vereinen mit ihren "Ehrenamtlern" eigentlich entgegen gebracht, wenn freiwillige Verantwortungsübernahme für unsere Stadt keine Anerkennung findet? Oder gehört es zu den Gepflogenheiten einer politischen und bürgerlichen Gesellschaft, sich lieber wegzuducken, weil freiwilliges Engagement und Verantwortungsübernahme höchstens etwas für nützliche Idioten ist. Dieses Engagement benötigt aber nicht nur Menschen, sondern auch finanzielle Unterstützung.

Bei einem Treffen Mitte November letzten Jahres mit etwa 20 Sportvereinen, die eine Sportanlage in Eigenverantwortung verwalten, stand unter dem Thema "Quo vadis, Wuppertaler Sportvereine?" die finanzielle Unterstützung durch die Stadt auf der Tagesordnung. Es wurde bemängelt, dass die Aufwandsentschädigung für einige Vereine seit rund zehn Jahren nicht erhöht worden ist und die Sportförderungsrichtlinien der Stadt (aus dem Jahr 2004) nicht mehr angehoben, sondern, vielmehr gekürzt worden sind.

Eine Erhöhung war in den letzten Haushaltsjahren nicht möglich, muss aber für die kommenden Haushaltsjahre 2018/19 angegangen werden. Vereine existieren nicht außerhalb der Gesellschaft, sondern sie gestalten das Leben in der Kommune maßgeblich mit.

Wenn aber Vereine um ihr Überleben kämpfen, weil ihnen die Führungskräfte ausgehen, die administrativen Aufgaben über den Kopf wachsen und die finanziellen Mittel nicht mehr ausreichen, ist es Teil der gesellschaftspolitischen Verantwortung, Unterstützungsstrukturen zu schaffen.

Friedhelm Bursian, SSV Germania 1900 e.V., Vorstand und Geschäftsführer, Am Friedenshain

(Rundschau Verlagsgesellschaft)