Die Frau, die Ronaldo in die Wange kniff

Wuppertal · Die beliebte Schauspielerin Lilay Huser verrät im Gespräch mit der Rundschau ihren ganz besonderen Traum: Sie wäre gerne eine (Wuppertaler) "Tatort"-Kommissarin.

 Lilay Huser auf dem Kirchplatz bei „Milia’s Coffee“ — wie eigentlich jeden Tag.

Lilay Huser auf dem Kirchplatz bei „Milia’s Coffee“ — wie eigentlich jeden Tag.

Foto: Simone Bahrmann

Es gibt da diese Szene in der ARD-Vorabendserie "Türkisch für Anfänger". Oma Öztürk — langer Mantel, geblümtes Kopftuch — klingelt erwartungsfroh an der Tür ihres Sohnes und blickt verdutzt in das Gesicht ihrer Enkelin. Die trägt auf dem Haupt statt des erwarteten Kopftuchs den Amy-Winehouse-Gedächtnis-Bienenkorb, was Oma Öztürk mit den Worten "Dich hat der Teufel geholt" quittiert und mit verdrehten Augen hinten rüber fällt. Keine Frage, diese Oma Öztürk ist eine Paraderolle für Lilay Huser, die ihr komödiantisches Talent hier wunderbar freilegt.

Gut zehn Jahre ist das inzwischen her. "Die Serie war sehr beliebt, das hat viel Aufmerksamkeit gebracht", erinnert sich die Schauspielerin, die seit 1987 in Wuppertal lebt. Und die dominante Oma? "Die liegt mir ziemlich gut", lacht sie. Wir haben uns zur Mittagszeit bei "Milia's Coffee" verabredet, ihr Stammcafé. "Hier bin ich eigentlich jeden Tag", erzählt die 59-Jährige, die privat so gar nichts mit Oma Öztürk gemein hat. Schwarze Hose, schwarzes Top, rote Lippen und ein herzliches Lachen komplettieren ihren Look. Das bekommt auch jeder geschenkt, der die zierliche Frau anspricht. Und das passiert ziemlich oft...

Gerade erst lief im Fernsehen die Wiederholung von "Almanya — Willkommen in Deutschland". Dieser tragisch-schön-komische Film, der die Frage der Heimat und Identität türkischer Gastarbeiter in Deutschland über mehrere Generationen hinweg verhandelt. In ihm spielt Lilay Huser die Großmutter Fatma. 18 Mal, sagt die zierliche Schauspielerin, habe sie den Film gesehen und bis zum achten Mal habe sie immer geweint. "Es könnte meine Geschichte sein. Vieles habe ich genau so erlebt, als ich 1978 nach Deutschland kam." Gerade mal 20 Jahre alt war sie da und musste sich an der Seite ihres Verlobten Vedat Erincin in Krefeld durchschlagen, ohne ein Wort Deutsch zu sprechen. Sie studierte (Textildiplom-Ingenieur) und lebte bald auch ihre Leidenschaft für die Schauspielerei aus. Denn gespielt hat sie schon immer. Schon damals in Istanbul auf der Schule — an der Seite von Vedat. Ein so eingespieltes Team, dass das Paar immer wieder gemeinsam vor der Kamera stand ("Almanya", "Macho Man"), obwohl privat längst nicht mehr liiert.

1986 wirkte sie beim legendären Kölner Arkadas-Theater mit, gründete 1991 zusammen mit Vedat Erincin, Barbara Krott und Meray Ülgen das "Wupper-Theater". 2009 folgte das deutsch-türkische Duo "Die Trockenblumen" mit Marcia Golgowsky. Längst ist dies ihre Heimat geworden — "Wuppertal ist eine sehr lebendige Stadt, das mag ich sehr." Und: "Ich bin deutscher als viele Deutschen", behauptet Lilay Huser und verweist auf ihre Pünktlichkeit und Verlässlichkeit. "Was versprochen ist, soll man halten."
Nur das Wetter in Deutschland, speziell in Wuppertal, das hat sie nur bedingt schätzen gelernt. Wie zum Beweis fegt eine sommerliche Sturmböe über uns hinweg. Lilay schlingt die Jacke enger um sich und drückt die Zigarette aus. "Zu kalt", sagt sie.

Drinnen ist es besser, der Kaffee schwarz und stark. In der Türkei, erzählt die 1,52-Meter-Frau, sei sie nicht so bekannt wie in Deutschland. Und doch hat man sie im vergangenen Jahr dort für einen Werbespot für die türkische Telekom gecastet. Dass sie dabei an der Seite von Fußballstar Ronaldo stehen würde, erfuhr sie einen Tag vor Drehbeginn. Sie nahm es gelassen — und kniff ihn bei der Probe sogar in die Wange. "Die Leute um uns haben kurz die Luft angehalten", amüsiert sie sich, "aber er fand es okay."

Nein, Lilay Huser kann sich so alles in allem nicht beklagen, auch wenn die Zeit zwischen den Engagements schon mal lang werden kann. "Ohne meinen Mann, der ein festes Gehalt bekommt, ginge es nicht", stellt sie klar.
Und zu tun gibt es ja immer etwas: Sie gibt Workshops, arbeitet auch mit Kindern und Jugendlichen, entwickelt momentan mit Marcia Golgowsky das neue Programm der "Trockenblumen". Das trägt den wunderbaren Titel "Das Fensterkissen zum Hof" und soll im November Premiere haben.

Einen ganz besonderen Traum hat die beliebte Schauspielerin noch — den "Tatort" aus Wuppertal. "Ich würde so gern eine 'Tatort'-Kommissarin spielen", bekennt sie und schiebt die leere Kaffeetasse beiseite. "Am liebsten eine mit vielen Macken, selbstbestimmt und stur — aber immer Profi."

+++++ Fakten +++++

Lilay Huser wurde 1958 in der Türkei geboren. Sie spielte unter anderem in "Türkisch für Anfänger", "Evet, ich will!", "Almanya — Willkommen in Deutschland", "What a Man", "King Ping — Tippen Tappen Tödchen", "Macho Man" und auch in der Kinderserie "Die Pfefferkörner".

Ihren Werbespot mit Ronaldo kann man hier sehen: www.youtube.com/watch?v=lCEVtrGNHos

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