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Tanztheater: Der Dickhäuter und die Sehnsucht nach Liebe

Tanztheater : Der Dickhäuter und die Sehnsucht nach Liebe

Die Liebe ist wie ein Nilpferd. Sanftmütig, behäbig, gefräßig. Zu lieben unmöglich. Zu sehr sind die Menschen mit sich selbst beschäftigt. Mit ihren Ängsten, ihren Spielchen, all den Posen und Ritualen.

Unfähig zueinander zu finden, bleiben sie in ihrer Einsamkeit zurück. Nein, Pina Bauschs "Arien" ist keine leichte Kost.

Das Stück, das 1979 uraufgeführt wurde, ist schwermütig, düster, traurig — und zugleich wunderschön. Seit vergangener Woche ist es wieder im Opernhaus zu sehen.

Neu einstudiert von Jo Ann Endicott. Die Australierin, die bei der Uraufführung eine der Hauptrollen tanzte — sie verliebt sich in ein Nilpferd —, hat ihre einstige Rolle nun an Breanna O'Mara weitergegeben. Ein schweres Erbe. Die Amerikanerin gehört seit 2014 zum Tanztheater Pina Bausch. In "Arien" ist sie jetzt die Tänzerin, die ihr Herz an das Nilpferd verliert, das Rolf Borzik so täuschend echt entworfen hat. Tollpatschig watschelt es auf die Bühne, auf der die Tänzer knöcheltief im Wasser stehen, und entlockt den Zuschauern verzückte "Ohhhh"-Seufzer.

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Von den anderen Tänzern unbemerkt, nähert sich Breanna O'Mara dem Tier, wagt erste Berührungen, planscht ausgelassen mit ihm im Wasser. Ein kurzer Moment des Glücks. Denn schnell begreift sie, dass diese Liebe keine Erfüllung finden kann. Eine bittere Erkenntnis, die zu einem schmerzhaft-schönen Solo führt, verstärkt durch die Arie "Selve amiche" des italienischen Barockkomponisten Antonio Caldara, gesungen von Beniamino Gilgi.

"Arien" führt die große Kunst von Pina Bausch eindringlich vor Augen. Die chaotisch anmutenden Gruppenszenen, die doch so präzise einstudiert sind. Szenen zwischen hysterischer Fröhlichkeit und scheuer Zärtlichkeit, die Pina mit einzigartigem Gespür so komponiert hat, dass sie den Zuschauer fordern und erheitern, um ihm im nächsten Moment mit voller Wucht das Herz zu zerreißen.

Verstärkt wird der melancholische Grundton durch das Wasser, das sich in warmen Farben an der Bühnendecke spiegelt, mitunter kontemplativ von der Decke tropft. 38 Jahre alte sind diese Ideen. Was für eine Vision!