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"Alte Pferdetränke": Draußen gab's Hafer, drinnen Gerstensaft

"Alte Pferdetränke" : Draußen gab's Hafer, drinnen Gerstensaft

Sie wurde längst totgesagt, die Eckkneipe. Spätestens, als man zum Rauchen vor die Tür gehen musste, gab es so manchen, der schon den Abgesang angestimmt hatte. Das ist jetzt zehn Jahre her und genauso lange steht Brigitte Lombardo in der "Alten Pferdetränke" hinterm Tresen.

Da mag es Zweifler gegeben haben, die den Kopf geschüttelt haben. Eine Kneipe? Und dann auch noch in diesen Zeiten? Von all dem hat sich Brigitte Lombardo nicht verrückt machen lassen. Sie wusste, was sie wollte. Und sie wusste auch, was es heißt, jeden Tag hinterm Tresen zu stehen. Vor über 40 Jahren hatte sie mit ihrem damaligen Mann die "Dillenburg" übernommen. Er stand in der Kneipe, sie kümmerte sich um die Kinder. Wer allerdings das Leben eines Kneipiers kennt, der weiß: Ohne den Rückhalt der Familie geht da gar nichts. Weiter ging's mit dem "Lemberg" in der Gustavstraße und dann mit dem Bistro in der Waldkampfbahn. Die Trennung vom Ehemann hätte eigentlich der Beginn eines Lebens ohne Kneipe sein können. Aber da war es längst zu spät. Einmal Kneipe, immer Kneipe. So sah es damals auch Brigitte Lombardo.

"Das war ein Glücksfall", sagt sie heute über den Augenblick, als sie den Pachtvertrag unterschrieben hat. Kurz darauf hat sie in der "Pferdetränke" das erste Bier gezapft — das war am 20. November 2008. Zehn Jahre Eckkneipe: Das heißt auch, dass längst keiner mehr kommt, den die Wirtin nicht kennt. "Wenn jemand reinkommt, muss ich nicht mehr fragen, was er trinken will", plaudert sie schmunzelnd über den Kneipenalltag. Die Gäste mögen die Vertrautheit und das Gefühl, dass sie nicht viele Worte verlieren müssen. Das Bier, der Korn? All das steht schon da, bevor sie sich auf den Barhocker gesetzt haben. Und das zu Preisen, die sie quasi seit zehn Jahren "eingefroren" hat. "Ein Bier kostet immer noch 1,10 Euro", verrät Brigitte Lombardo.

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Nach einem Jahrzehnt kennt sie auch die Lebensgeschichten ihrer Gäste, von denen sie oft hört, dass die sich bei ihr fühlen wie im sprichwörtlichen "zweiten Wohnzimmer". Ehekrisen, Krankheiten oder auch der Tod liebgewonnener Stammgäste: Über all das spricht man in Kneipen wie dieser. Ob es die auch noch in 50 Jahren geben wird, weiß heute niemand. "Das Freizeitverhalten hat sich verändert. Junge Leute gehen kaum noch in die Kneipe", weiß Brigitte Lombardo.

Sie selbst denkt jedoch noch lange nicht ans Aufhören. Dass sie meist selbst am Tresen steht und sich dort allenfalls von ihrem Lebensgefährten vertreten lässt, hält sie für das Geheimnis einer florierenden Eckkneipe. Das mag auch schon vor beinahe 150 Jahren so gewesen sein. Draußen gab's Hafer für die Pferde und drinnen für die Kutscher frisch gezapften Gerstensaft. Die Gaststätte "Zur alten Pferdetränke" in der Gräfrather Straße war auf dem Weg nach Solingen und zurück schon damals ein willkommener Halt auf halber Strecke.