„Wartezeiten sind das Problem“

Wuppertal · Mag man auch beim Thema Flüchtlinge neuerdings von einer "kippenden Stimmung" und schwindender Beliebtheit der Kanzlerin hören: Das Ja zur Zuwanderung stellt das grundsätzlich nicht in Frage — jedenfalls in Wuppertal.

 Jürgen Lemmer - hier im September 2015 vor dem Schulzentrum Süd: Nur 800 Flüchtlinge sind momentan in Übergangsheimen untergebracht.

Jürgen Lemmer - hier im September 2015 vor dem Schulzentrum Süd: Nur 800 Flüchtlinge sind momentan in Übergangsheimen untergebracht.

Foto: Holger Battefeld

Beim "WupperTAL(k)" im "Kontakthof" mit dem Titel "Schaffen wir das?" sahen die Diskussionsteilnehmer eine anhaltend hohe Bereitschaft zur aktiven Unterstützung. Jürgen Lemmer, der städtische Integrationsbeauftragte, und der Leitende Polizeidirektor Manfred Scheibe waren sich im Gespräch mit Moderator Michael Maus einig, dass in Wuppertal von Politik wie auch von Bürgern viel getan wird, um Neuankömmlinge zu integrieren. So erläuterte Lemmer, dass die meisten von ihnen bislang dezentral untergebracht sind — und nicht einmal 800 von insgesamt 7.200 Flüchtlingen wohnen momentan in Übergangsheimen. Ein Problem ist für den Fachmann aber die lange Verfahrensdauer: Ein Zuwanderer, der im Herbst seinen Asylbescheid erhält, ist oft schon 14 Monate im Land. Bis dahin sind wichtige Schritte zur Integration nicht möglich, nur mit Glück gibt es etwa einen Basis-Sprachkurs. Lemmer: "Eine drastische Verkürzung würde bei der Integration enorm helfen."
Auch in puncto Sicherheit wäre das wünschenswert. Denn laut Polizeidirektor Scheibe gilt die Faustregel "Kriminalität ist männlich und jung." Und da nun einmal viele Flüchtlinge junge Männer seien, könnten lange Wartezeiten hier durchaus zum Problem werden. An der Herkunft lägen soziale Konflikte auf engem Raum dabei keineswegs.

Scheibe, selbst Familienvater, räumte ein: Faktisch sei zwar die Sicherheitslage nach den Übergriffen an Silvester identisch geblieben. "Komplett anders" wurde hingegen auch für ihn persönlich die Wahrnehmung: "Ich bin nicht nur Polizist." Dennoch seine klare Ansage: "Die Flüchtlingslage ist nicht in erster Linie ein Kriminalitätsthema." Das gelte auch für die Gefahr von Anschlägen: "Beim Terror in Paris kamen Täter aus einem Vorort von Brüssel, nicht aus Syrien!"

Die Kölner Ereignisse wiederum stehen auch für widrige internationale Rahmenbedingungen. Konkret berichtete Integrationsexperte Lemmer: Wenn etwa das Konsulat von Marokko keine Pässe ausstelle, könnten Straftäter dorthin nicht abgeschoben werden. "Dabei habe ich nirgendwo mehr Empörung über 'Köln' erlebt als in der marokkanischen Community."
Entscheidend im globalen Kontext, da herrschte in der Runde Einigkeit, sei aber das Problem der Binnenverteilung: Die Flüchtlingszahl wäre besser zu bewältigen, wenn andere Länder mehr Menschen aufnehmen würden. Vor Ort im Alltag bleibt der große Einsatz der Bürger unverzichtbar: Allein in Cronenberg gab es zuletzt 90 Personen, die sprachliche Hilfen anboten.

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