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Landgericht: Tür-Sprengung mit Gerichts-Folgen

Landgericht : Tür-Sprengung mit Gerichts-Folgen

Auf der Suche nach verschwundener Munition aus der JVA Ronsdorf stürmten Polizisten eine Wohnung in Solingen. Deren Besitzerin klagt jetzt gegen das Land auf Schmerzensgeld und Schadenersatz.

Die Polizisten einer Spezialeinheit waren auf der Suche nach 1.000 Schuss Munition, deren Verschwinden aus dem Gefängnis in Ronsdorf im Sommer 2016 für Aufsehen sorgte. Vermummt und schwer bewaffnet sprengten sie die Tür zur Wohnung eines Mitarbeiters der Einrichtung auf, um sie zu durchsuchen. Der Mann war nicht dort, wohl aber seine Frau. Und die erschreckte sich bis ins Mark, als wie aus dem Nichts Gestalten in Kampfanzügen auftauchten. Mit diesem Einsatz in Solingen vom August 2016 muss sich nun das Landgericht befassen: Die erwiesenermaßen unschuldige Frau, gegen die nie ein Verdacht bestand, klagt gegen das Land auf Schadenersatz und Schmerzensgeld wegen psychischer Folgen. Anwalt Oliver Doelfs begründete die Klage: "Wir greifen die Art und Weise dieses Einsatzes an." Der Mann der Klägerin habe im Dienst das Fehlen der Munition festgestellt und gemeldet. Darauf hätten die Ermittler ihn beschuldigt — ebenso wie einen weiteren Mitarbeiter.

Selbst die Staatsanwaltschaft hätte damals keine Aussichten gesehen, die Munition bei der Durchsuchung zu finden, fügte der Anwalt hinzu. Es habe keinen Hinweis auf Waffen gegeben. Das hätte die Polizei berücksichtigen müssen. Der damalige Justizminister Thomas Kutschaty aber habe sich unter dem Druck der Medien befunden. Doelfs erläuterte: "Bei einem anderen Beschuldigten hat die Polizei einfach geklingelt und dann durchsucht." Dabei ging die Aktion letztlich völlig ins Leere. Die Zwölf-Kilogramm-Kiste mit Munition fehlt bis heute, bestätigt die Staatsanwaltschaft. Alle Verfahren seien eingestellt, es gebe keine weiteren Ermittlungsansätze.

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Im Prozess herrscht Einigkeit über den Ablauf der Durchsuchung bei der Klägerin. Niemand zweifelt die Ängste an, die sie anführt. Dennoch werde das Gericht das Land voraussichtlich nicht verurteilen, erläuterte Richterin Dr. Frauke Dirksen. Sie ergänzte: "Man muss aber sehen, dass das der schlimmstmögliche Grundrechtseingriff war, bei schlechtestmöglichem Ergebnis."

Der Vorschlag des Gerichts: Land Nordrhein-Westfalen und Klägerin könnten sich freiwillig auf 3.000 Euro einigen. Der Vorsitzende Richter Reinhard Juffern erläuterte, dass dann aber die Geldzahlung als Genugtuung werde reichen müssen: "Da wird nirgendwo stehen 'Es tut uns Leid, wir haben das falsch gemacht'." Der Prozess wird fortgesetzt.