Interesse am Modell der dezentralen Energieversorgung Stadtwerke: „Big in Japan“

Wuppertal · Dass es Stadtwerke gibt, die sich vor Ort um die sichere und verlässliche Energieversorgung kümmern, ist für Wuppertaler seit vielen Jahrzehnten selbstverständlich. Für Japaner beispielsweise gar nicht.

 Auch Vor-Ort-Info-Besuche in Japan gehören zum „Exportschlager deutsches Stadtwerke-System“. Unser Bild zeigt ein solches Treffen in der japanischen Stadt Odawara. Links Oliver Wagner, mit dabei war auch der frühere Präsident des Wuppertal Institutes Peter Hennicke (Vierter von rechts).

Auch Vor-Ort-Info-Besuche in Japan gehören zum „Exportschlager deutsches Stadtwerke-System“. Unser Bild zeigt ein solches Treffen in der japanischen Stadt Odawara. Links Oliver Wagner, mit dabei war auch der frühere Präsident des Wuppertal Institutes Peter Hennicke (Vierter von rechts).

Foto: Wuppertal Institut

Im Land der aufgehenden Sonne sind es etwa zehn große Energiekonzerne, die alles in ihrer Hand haben. Dezentrale und vor allem auf Kommunen konzentrierte Versorgung ist in der asiatischen Industrienation fast völlig unbekannt.

Trotzdem — oder gerade deswegen — findet eine Wuppertal-Institut-Studie von Oliver Wagner und Kurt Berlo zu den besonderen Eigenschaften und Vorteilen des deutschen Stadtwerke-Modells in Japan reißenden Absatz: Durchaus auch zur Überraschung der beiden Verfasser, die das Thema schon seit Jahren bearbeiten.

Immer wieder kommen Expertengruppen aus Asien nach Wuppertal, um sich vor Ort zu informieren — Workshops oder Symposien sind ganz schnell ausgebucht. Besonders interessant für Japan ist, so Oliver Wagner, die starke regionale Orientierung deutscher Stadtwerke: "Das hilft bei schnellen Lösungen eventueller Energieversorgungsprobleme vor Ort. Weit entfernte Ansprechpartner sind nicht optimal."

Außerdem, so Wagner weiter, werde die japanische Gesellschaft immer älter — und es gebe viel Interesse an regional interessanten Arbeitsplätzen. Auch das könne etwas sein, für das Stadtwerke stehen.

Sehr wichtig, sagt Kurt Berlo, sei in Japan das Thema einer sicheren Versorgung: "Dort fragt man sich, wie es zu schaffen ist, auch nach Umweltkatastrophen ein System wieder neu zu starten. Die Erfahrung zeigt, dass viele kleinere Anlagen, wie bei uns in Deutschland, weniger anfällig sind als wenn alles am Netz weniger Großlieferanten hängt."

Doch nicht nur in Japan ist das Stadtwerke-Modell gefragt: In den USA, Kanada, Korea oder auch Schottland sind Oliver Wagners und Kurt Berlos Darstellungen ebenfalls beliebt. Überall dort zeigt sich, dass dezentrale(re) Versorgungsstrukturen lange vernachlässigt wurden, jetzt aber immer deutlicher ins Blickfeld rücken.

Beispielsweise, was die E-Mobilität angeht: Ohne die Mitarbeit von kommunalen Einheiten lässt sich keine flächendeckende Lade-Infrastruktur aufbauen. Und ohne die funktioniert die E-Mobilität nicht wirklich. Darüber hinaus gewinnen die Vorteile von Kundennähe sowie auf Gegenseitigkeit beruhende Energiespardienstleistungen wie beispielsweise das so genannte Contracting an Bedeutung.

Dass Stadtwerke auch für moderne, zukunftsorientierte Energiepolitik stehen, ist in Deutschland vergleichsweise selbstverständlich. Andere (Industrie-)Nationen hängen da deutlich hinterher. Und sind auch deswegen am deutschen Stadtwerke-Modell interessiert.

Kurt Berlo und Oliver Wagner haben in der jüngsten Vergangenheit festgestellt: "Der Begriff ,German Energiewende' hat in der Welt einen hohen Stellenwert. Dass beispielsweise Japan in zehn Jahren auf unserem Stand ist, ist gut vorstellbar." Und die beiden Männer vom Wuppertal Institut schmunzeln: "Auf Japanisch heißt Stadtwerke ,Stadtwerke'".

+++++ Fakten +++++

Deutschland hat etwa 11.000 Kommunen — und rund 900 Stadtwerke, die sich mit dem Thema Energie beschäftigten.
Vergleichsweise verbreitet sind Stadtwerke auch noch in Österreich und in der Schweiz.

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