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OB-Wahl 2015 in Wuppertal: Peter Jung (CDU): Optimistisch und gar nicht amtsmüde

OB-Wahl 2015 in Wuppertal: Peter Jung (CDU) : Optimistisch und gar nicht amtsmüde

Er ist seit elf Jahren das, was die anderen Kandidaten werden wollen: Oberbürgermeister von Wuppertal. Geht es nach Peter Jung, dann folgt eine weitere Amtszeit. Trotz viel Kritik und oft beschworener Wechselstimmung wirkt der 60-Jährige sehr entspannt.

"Ist das nicht schön hier?" Peter Jung geht ein paar Meter vor mir. Wir laufen immer tiefer in den Wald hinein. Während ich unserem OB noch etwas zögerlich folge, ist dieser sichtlich in seinem Element. Kein Wunder. Immerhin zeigt er mir ein Stück seiner Kindheit — und einen seiner Lieblingsorte in der Stadt: den Zimmerplatz im Burgholz.

"Als Kind bin ich mit dem Samba zur Schule gefahren", erzählt der 60-Jährige begeistert, als wir die Trasse überqueren. Ich bin noch ganz fasziniert darüber, dass er noch immer die Abfahrzeiten der längst nicht mehr existierenden Zuglinie kennt, da ist er auch schon in die nächste Erinnerung eingetaucht.

"Und im Winter war das eine super Schlittenfahrt", Jung zeigt den Weg hoch, "den gaaanzen langen Berg hinunter." Jung als kleiner Junge mit aufgeschlagenen Knien? Mit diesem Bild habe ich so meine Schwierigkeiten. Doch er erzählt: "Ich war immer draußen früher, immer in Bewegung." Wir sind angekommen und setzen uns auf eine Bank. Nicht irgendeine Bank, sondern eine, die seinem Vater gewidmet ist. "Zur Erinnerung an unseren Ehrenvorsitzenden Karl-Hans Jung. Bürgerverein Küllenhahn e.V. 1997", steht auf einem Schild. Man spürt es in jeder Sekunde: Peter Jung und Küllenhahn — das ist eine enge Beziehung mit tief reichenden Wurzeln.

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Immer wieder kommen Spaziergänger an uns vorbei, die meisten erkennen Peter Jung und grüßen ihn. Selbst an so einem abgeschiedenen Ort kann er nicht mal für eine kurze Zeit seinen Gedanken nachhängen oder durchatmen, ohne dass man ihn dabei beobachtet, denke ich und frage: "Ist es nicht sehr anstrengend, immer derart im Fokus zu stehen? Nie eine Minute für sich zu haben?" Jung schüttelt den Kopf. "Nein, überhaupt nicht. Es ist ja ein Zeichen von Sympathie, wenn mich die Leute ansprechen. Es ist genau, was ich immer wollte: Politik in der Kommune machen, da, wo ich lebe, wo man um die Probleme der Menschen weiß, alles hautnah erlebt."

"Hallo Herr Jung, wie isset?" Wieder kommt ein Spaziergänger vorbei. Doch dieser gibt sich mit einer Begrüßung nicht zufrieden, er will sich mit dem OB unterhalten. Er lobt Jungs Engagement, erzählt von Dingen, die gut laufen in der Stadt, während sein Hund neugierig an Peter Jungs Hosenbeinen schnüffelt. Und Jung plaudert gerne mit, streichelt den Hund. Fast könnte man denken, die Szene ist gestellt, so harmonisch ist das Aufeinandertreffen im Privaten. Ist sie aber nicht.

Es ist schwer vorstellbar, dass Jung vielleicht bald nicht mehr in dieser repräsentativen Funktion in der Stadt unterwegs ist. "Was haben Sie eigentlich vor, wenn Sie nicht wiedergewählt werden?" Jung schaut nachdenklich: "Damit beschäftige ich mich jetzt noch nicht, sondern erst, wenn es so kommen sollte. Wahrscheinlich würde ich erst mal eine Pause einlegen. Schließlich ist Oberbürgermeister nicht einfach irgendein Job, das schüttelt man nicht einfach ab." "Haben Sie nie den Gedanken: ,Sollen doch die anderen mal machen'?" "Nein", sagt Jung entschieden, "schließlich will ich doch noch was für sie Stadt erreichen."

Jung, Vater von zwei erwachsenen Kindern, spricht über Höhen und Tiefen in seiner Amtszeit. Klar, meint er, oft müsse er Leuten sagen, dass etwas nicht gehe, weil kein Geld da ist. Dennoch habe sich die finanzielle Situation Wuppertals in den elf Jahren deutlich verbessert. "Wuppertal befindet sich nicht mehr in der Abwärtsspirale, die Stadt hat jetzt eine Perspektive — und ich empfinde es als Glück, dass ich an dieser Entwicklung beteiligt war." Ich höre parallel seine Kritiker in meinem Kopf, wie sie diese Aussagen zerpflücken. "Fühlen Sie sich eigentlich manchmal missverstanden, Herr Jung?" Ich merke, wie mein Gegenüber kurz zusammenzuckt. Dann sagt der 60-Jährige ganz ruhig: "Wenn man mich missversteht, dann muss ich mich selbst hinterfragen, ob ich etwas falsch gemacht habe."

Wir unterhalten uns darüber, was man mitbringen muss für das höchste Amt der Stadt. "Ein dickes Fell", sagt Jung. Man dürfe nicht alles in sich hinein fressen. "Gibt es etwas, das Sie rückblickend anders machen würden?" Jung gönnt sich einen längeren Blick in die Baumspitzen. "Die Auseinandersetzung mit der ,Wuppertalbewegung' — das würde ich heute anders angehen."

Wir müssen zurück. Während wir uns langsam wieder aus dem Wald hinaus bewegen, frage ich Jung noch einmal zum Wahltag. Immerhin schaut man in ganz Deutschland gespannt auf das Ergebnis. Denn Wuppertal ist die letzte Großstadt Deutschlands, die von einem CDU-OB regiert wird. "Ich stelle mich auf alles ein", sagt Jung. "Und ab 17.55 Uhr wird es dann spannend..."