Eltern gegen Behörden Noch ein Jahr für Dominik?

Meinung | Wuppertal · Wenn ein Kind sich nicht wie gewünscht verhält, heißt es schnell: Da läuft in der Erziehung etwas falsch. Aber was, wenn das Kind gar nichts dafür kann, anders zu sein? Trotz entsprechender Diagnose zeichnet sich bei Daniela und Patrick Bennewitz und ihrem fünfeinhalbjährigen Sohn Dominik kein Ende des Leidenswegs ab.

 Falls Dominik (links) 2019 eingeschult werden muss, befürchten Patrick und Daniela Bennewitz Rückschläge für die positive Entwicklung ihres Sohnes.

Falls Dominik (links) 2019 eingeschult werden muss, befürchten Patrick und Daniela Bennewitz Rückschläge für die positive Entwicklung ihres Sohnes.

Foto: Bennewitz

Dass Dominik ein außergewöhnlicher Junge ist, fällt ab 2015 im evangelischen Kindergarten einer Elterninitiative rasch auf: Er fügt sich nicht wirklich ein, eckt bei Erziehern und Kindern an. Als die Kündigung des Betreuungsplatzes im Raum steht, ziehen die Eltern einen Kinder- und Jugendpsychologen zu Rate, stimmen einer "beruhigenden" Medikation zu. Ebenso einer ergotherapeutischen Behandlung des zu dem Zeitpunkt Dreieinhalbjährigen.

Die Maßnahmen bringen Fortschritte. Individuelle — aber nicht im Kindergarten. Dominik widersetzt sich weiterhin, beißt sogar manchmal. Da entscheiden Daniela und Patrick Bennewitz zusammen mit Therapeutin und Kindergarten-Team, die Einrichtung in den therapeutischen Prozess zu integrieren. Und sie beantragen, weil so von der Kita gefordert, eine Integrationskraft.

Deren Einsatz aber wird vom Gesundheitsamt abgelehnt — und damit die Fortsetzung der Therapie ausgehebelt. Als nun die altersgerechte Entwicklung von Dominik noch mehr ins Stocken gerät, lassen die Eltern ihren Sohn bei der Frühförderstelle "Cura" testen und beantragen, ihn in einer integrativen Einrichtung unterbringen zu dürfen.

Als dann auch die Diagnose "Autismusspektrumsstörung und Störung der Sozial-, Emotionalentwicklung" Dominiks Verhalten erklärt, die Eltern vom Vorwurf "Erziehungsfehler" befreit und ein Platz in einer integrativen Kita in Aussicht gestellt wird, scheint sich das Blatt zu wenden.

"In seinem früheren Kindergarten wurde er von Jungen und Mädchen bedrängt und reagierte, weil er krankheitsbedingt nicht anders konnte, auf die für ihn unerträgliche Situation mit Schreien, Kratzen, Beißen und Spucken", so Daniela Bennewitz. Die Mutter weiter: "Dominik wurde als Verursacher der Konflikte abgestempelt und nicht selten, um die Situation zu entschärfen, ohne Aufsicht ins Büro gesperrt. Ich frage mich, ob dieser Umgang das Prädikat ,pädagogisch' verdient."

Inzwischen ist Dominik in der heilpädagogisch und inklusiv ausgelegten Kita "Leben in Vielfalt" (LiV) in der Melanchthonstraße untergebracht. Hier blüht er, wenn auch zögerlich, auf. Er geht jeden Tag gerne und ohne Widerstand in die Kita, ist ruhiger und ausgeglichener geworden. Daniela Bennewitz: "Er macht Fortschritte, die wir so nicht für möglich gehalten haben. Das ist ein Aufwärtstrend, der Mut macht."

Damit könnte es allerdings auch bald wieder vorbei sein. "Im Oktober mussten wir ihn in einer Grundschule anmelden. Unserem Antrag sowie der Empfehlung von ,Cura', LiV und Ärzten, Dominik noch ein Jahr von der Schulpflicht zu befreien, wird leider bisher nicht entsprochen", so Vater Patrick Bennewitz.

Die Sorge der Eltern: Weil Dominik emotional und körperlich auf dem Stand eines Vierjährigen ist, könnte die Einschulung 2019 den aktuellen Fortschritt stoppen, ja sogar umkehren. Die Eltern zur Rundschau: "Ihn jetzt aus seinem Aufwärtstrend zu reißen wäre fatal."

Außerdem traut sich LiV zu, Dominik innerhalb eines Jahres so weit zu stabilisieren, dass keine medikamentöse Behandlung mehr nötig wäre. Der große Wunsch: Schul- und andere beteiligte Behörden mögen doch noch einlenken.

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