Mindestens vier Überläufer

Zum Schluss wurde es eng: Mit vier Stimmen Mehrheit beschloss der Rat am Montag in geheimer Abstimmung den Verkauf des Carnaper Platzes an die WSW, die dort ihr neues Verwaltungsgebäude errichten wollen.

In der Debatte zuvor lagen teilweise die Nerven blank.

Die "Große Kooperation" von SPD und CDU setzte sich mit 34 Ja- gegen 30 Nein-Stimmen der Opposition durch. An einem Ergänzungsantrag der SPD, den der Abgeordnete Servet Köksal vorlas, wäre das Bündnis von CDU und SPD zuvor fast gescheitert. Erzürnt bat der CDU-Fraktionsvorsitzende Michael Müller um eine Unterbrechung der Sitzung: "So läuft das nicht, wir lassen uns hier nicht vorführen."

In dieser Sitzungspause berieten die Fraktionsvorstände im Hinterzimmer erneut. Auch SPD-Fraktionschef Klaus- Jürgen Reese sprach mit; als WSW-Angestellter hatte er sich zuvor an der Debatte wegen Befangenheit nicht beteiligt. Nach der Pause zeigte sich Müller zunächst kleinlaut: "Ich habe Herrn Köksal offensichtlich falsch verstanden." Doch dann ließ er seinen Gefühlen freien Lauf: "Der Platz gleicht einem Trümmergrundstück. Was haben denn die Gegner des Verkaufs dafür getan, dass der Platz renoviert wurde?"

In den Vorwurf bezog Müller, der viele Jahre den Carnaper Platz selbst geschäftlich nutzte, auch seine Parteifreunde ein. Kämmerer Johannes Slawig betonte erneut, dass es sich bei dem Carnaper Platz um keine baurechtlich genehmigte Veranstaltungsfläche handele: "Nur über den Status Quo können dort noch Veranstaltungen durchgeführt werden."

Geschlossen zeigten sich alle Oppositionsparteien in ihrer Ablehnung. Marc Schulz (Grüne): "Mit dem Verkauf wird Wuppertal nie wieder einen Großzirkus erleben." Alexander Schmidt (FDP), der die geheime Abstimmung monierte: "Die SPD ist personell mit Dietmar Bell als Aufsichtsrat und den WSW-Mitarbeitern Reese, Mucke und Herkenberg personell an ihrer Parteispitze vorbelastet." Demgegenüber verwies Thomas Kring (SPD) auf das unattraktive Erscheinungsbild des Carnaper Platzes und erklärte die Expansion der Stadtwerke auf dem Platz mit logistischen Verlusten bei einem Neubau auf dem WSW-Gelände. Das Bürgerbegehren, in den sich ein großer Teil der Bürgervereine einbringen wird, begrüßte Kring ausdrücklich: "Wir wollen nicht durch Tricks die Menschen gegen uns aufbringen."
Das Abstimmungsergebnis machte deutlich, dass wohl vier Mitglieder der Kooperationsparteien mit der Opposition gestimmt haben. Aber auch auf der Gegenseite gab es Irritationen. Aufmerksam wurde registriert, dass die beiden WfW-Abgeordneten und ehemaligen CDU-Ratsmitglieder Gisela Schlüter und Dorothea Glauner, wenn auch entschuldigt, fehlten.

Der Rotter Bürgerverein will jetzt das Bürgerbegehren für den Erhalt des Carnaper Platzes als Veranstaltungsfläche starten. Dafür sind 13.000 Unterschriften von wahlberechtigten Wuppertalern nötig. Dies ist die Vorstufe für den Bürgerentscheid. Sollten dem 27.000 Wuppertaler zustimmen, würde die Stadt laut Stadtdirektor Slawig die Bebauungspläne der WSW auf dem Carnaper Platz stoppen. Dort haben die WSW laut Beobachtung von Karl-Heinz Emde schon gestern Morgen, also nur wenige Stunden nach der Ratssitzung, Probebohrungen durchgeführt.

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