Große Kunst auf Augenhöhe

Eine ganze Woche lang hatten Kinder und Jugendliche zwischen fünf und 18 Jahren die Möglichkeit, im Hindemith-Saal der Stadthalle wertvolle Lithographien internationaler Künstler zu bestaunen — und für einheitlich 42 Euro zu erwerben.

Anerkannte Künstler aus aller Herren Länder stellen Original-Lithographien für die Ausstellung zur Verfügung. Dabei handelt es sich um übliche, nicht speziell für Kinderaugen gefertigte Ausstellungsstücke, die mit verdeckter Signatur präsentiert und erworben werden.

Das Konzept dahinter: Materielle Interessen sollen so weit wie möglich ausgeblendet werden. Vielmehr soll allein der Geschmack der Kinder entscheiden, welches Bild gefällt und später vielleicht sogar einen Platz im Kinderzimmer bekommt.

Am Samstagnachmittag mache ich mich auf zur Historischen Stadthalle, um mir selbst ein Bild vom Projekt zu machen. Am Hindemith Saal angekommen, sehe ich mich dem prüfenden Blick des Ausstellungspersonals ausgesetzt: Ja richtig, ich zähle mehr als 18 Lenze, das hat die Dame sofort erkannt. Dennoch lässt sie mich — ausnahmsweise — passieren, als ich ihr mein Anliegen näherbringe. "Die Erwachsenen müssen normalerweise natürlich draußen warten", erklärt sie. "Erlaubt ist höchstens das Bezahlen!"

Angesichts des eher gehobenen Taschengeldpreises von 42 Euro wohl auch nötig, denke ich mir. Etwa 50 kleine Bilder sind dort aufgereiht, alle im Passepartout-Rahmen und alle völlig verschieden. Lediglich ein kleiner Unterschied zu einer Ausstellung für Erwachsene fällt mir auf: Zum Betrachten der Bilder muss ich doch ganz schön in die Knie gehen. Klar, immerhin sollen die Kinder mit der Kunst auf Augenhöhe sein.

Da sind zum einen surrealistische Farbenspiele, die klecksartige Bilder ergeben, andererseits auch comicähnliche Formate bis hin zu detailgenauen Zeichnungen von Mensch, Tier und Umgebung. Am Ende meines Rundgangs lasse ich mir noch berichten, dass die Kinder ganz unterschiedlich auf die Kunstobjekte reagieren. Während manches Werk vom einen ignoriert wird, zieht es einen anderen ganz in seinen Bann.

Für die projektbetreuende Kulturbeauftragte Kyoung-Hi Roho ist die Veranstaltung damit auch in diesem Jahr ein voller Erfolg. Besonders erfreut ist sie, dass viele "Wiederholungstäter" zu Besuch waren. Die freuen sich schon jetzt auf die nächste "Kunst fürs Taschengeld" in zwei Jahren. "Du kannst nicht immer siebzehn sein" denke ich mir. Schade, eigentlich…

(Rundschau Verlagsgesellschaft)
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