Interview mit Beteiligungs-Dezernent Paschalis "Es ist eine tragische Situation"

Wuppertal · Im Herbst 2015 wurde der heute 55-jährige Rechtsanwalt Panagiotis Paschalis (SPD) zum bundesweit ersten Dezernenten für Bürgerbeteiligung, Beteiligungsmanagement und E-Government gewählt. In zwei Monaten, am 10. Juli, soll er auf Betreiben von Oberbürgermeister Andreas Mucke und der SPD (wohl mit Zustimmung von CDU, Grünen und FDP) abgewählt werden.

 Panagiotis Paschalis.

Panagiotis Paschalis.

Foto: SPD

Rundschau-Redakteur Stefan Seitz sprach mit Paschalis.

Rundschau: Die Abwahl eines Dezernenten kommt höchst selten vor. Seit Monaten wurden Sie scharf kritisiert. Ihre Einschätzung?

Paschalis: Es ist eine tragische Situation, dass ein neuer SPD-Oberbürgermeister und ein neuer SPD-Dezernent nicht miteinander arbeiten können. Zu allen Punkten, die man mir vorgeworfen hat, habe ich eine ausführliche persönliche und öffentliche Erklärung abgegeben. (Anmerk. d. Red.: Der komplette Text auf wuppertaler-rundschau.de) Im Kern geht es auch um Transparenz- und Dialogkultur. Ich habe feste Standpunkte, die ich nachdrücklich vertreten habe. In einem modern geführten Unternehmen hat insbesondere die Frage, wie man miteinander redet, einen großen Stellenwert. Das ist eine wichtige kulturelle Dimension.

Rundschau: Die Stadt als modern geführtes Unternehmen?

Paschalis: Der Politik- und Verwaltungsapparat einer heutigen Kommune sollte die moderne, selbstbewusste städtische Zivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts spiegeln. Hier allerdings habe ich einen stark hierarchisch geprägten Apparat vorgefunden, in dem die Unternehmenskommunikation tradierten und teils schwer nachvollziehbaren Verhaltensmustern folgt. Der Dialog mit der Politik ist ebenfalls vielschichtig und nicht immer von Transparenz und Ergebnisoffenheit geprägt. Die Schwierigkeiten dieser Unternehmenskultur habe ich sicher unterschätzt.

Rundschau: Ein Dezernent für Bürgerbeteiligung: Das hat bundesweit für sehr positive Wuppertal-Schlagzeilen gesorgt.

Paschalis: Dass meine Mitarbeiter und ich mit der Bürgerbeteiligung bundesweite Beachtung gefunden haben, ist erfreulicherweise so und das hat ja auch die SPD in ihrer mich betreffenden Abwahlerklärung betont. Mir ist ganz wichtig: Mein Scheitern darf auf keinen Fall zum Scheitern der Wuppertaler Bürgerbeteiligung führen.

Rundschau: Woran sind Sie denn Ihrer Meinung nach gescheitert?

Paschalis: Ich muss heute sagen, dass insbesondere Sicht und Selbstverständnis eines erfahrenen Beteiligungsmanagers, als der ich viele Jahre gearbeitet habe, offensichtlich nicht gewollt waren.

Rundschau: Was heißt das konkret?

Paschalis: Mein Geschäftsbereich umfasst nicht nur die Bürgerbeteiligung, sondern auch das in der Öffentlichkeit oft nicht so deutlich wahrgenommene Feld der Beteiligungssteuerung. Da geht es um die städtischen Töchter. Mein Ziel, ein transparentes Beteiligungsmanagement auf Augenhöhe mit den Konzerngesellschaften und mit einem einheitlichen Controlling zu entwickeln, ist offensichtlich nicht gewünscht.

Rundschau: Ihr Weg nach Wuppertal?

Paschalis: Meine Familie und ich wohnen seit 2012 in Vohwinkel. Ich bin politisch sehr interessiert, wollte mich hier engagieren. Darum habe mich auf eine FAZ-Stellenanzeige beworben. Die Wuppertaler Verwaltung kannte ich nicht, politisch war ich örtlich auch noch nicht verwurzelt. Zuvor war ich viele Jahre freiberuflicher Wirtschaftsrechtsanwalt und in diversen Führungspositionen etwa als Chefjustiziar bei der IKB- Bank tätig. Das Wuppertaler Angebot der Bürgerbeteiligung hat mich politisch sehr gereizt. Bei der Beteiligungssteuerung habe ich mir gesagt: "Das kannst du, das machst du schon seit langer Zeit auf den verschiedensten Ebenen." Das galt auch für die Rolle als Rechtsdezernent und die Managementaufgaben im Einwohnermelde- und Straßenverkehrsamt.

Rundschau: Und jetzt?

Paschalis: Wahl und Abwahl eines Dezernenten sind Teile eines demokratischen Prozesses. Deswegen akzeptiere die Abwahl, sollte es dazu kommen, natürlich. Aber wie gesagt, es ist eine tragische Situation. Ich habe soeben den Prozess eines Kodex' auf den Weg gebracht, um ein verlässliches Regelwerk für gute Unternehmensführung im Konzern Stadt Wuppertal einzuführen. Sehr viele Verwaltungen und Unternehmen haben so etwas. Wuppertal bisher nicht. Ich bin sehr gespannt, wohin sich jetzt die Dinge entwickeln.

Rundschau: Man wirft Ihnen vor, Sie würden sich bis 2023 fürs Nichtstun bezahlen lassen ...

Paschalis: Das sind reine Horrormeldungen. Ich bin gut aufgestellt und habe einen anständigen Beruf gelernt. Auf die mir gesetzlich zustehenden Leistungen werden die Einkünfte meiner künftigen Arbeit angerechnet werden.

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