Prozess vor dem Landgericht "Durch die Ehe geprügelt"

Wuppertal · Für einen hinterhältigen und lebensgefährlichen Messerangriff auf seine Ex-Frau (32) soll ein 35 Jahre alter Angeklagter wegen versuchten Totschlags neun Jahre ins Gefängnis. Der Vorsitzende Richter Robert Bertling stellte fest: "Er hat es nur deshalb nicht 'geschafft‘, weil sein Opfer entkam, nachdem er das Messer verbogen hatte."

 Bei Verhandlungsbeginn im Oktober: Der Angeklagte mit Rechtsanwältin Josipa Salm-Francki im Landgericht Wuppertal.

Bei Verhandlungsbeginn im Oktober: Der Angeklagte mit Rechtsanwältin Josipa Salm-Francki im Landgericht Wuppertal.

Foto: Lotze

Den Feststellungen des Wuppertaler Landgerichts zufolge hatte sich der arbeitslose und vorbestrafte Mann am Tattag, dem 2. März, hinter einem Sofa versteckt, als seine Frau mit der Tochter heimkam. Sie hatte, nichts ahnend, die Wohnungstür verschlossen und mit einem Schuhschrank verbarrikadiert, weil sie sich vor dem Angeklagten fürchtete. Die Tochter soll dann das After Shave des Vaters gerochen haben. Die Flucht der Frau scheiterte an der Tür.

Beim Kampf in der Küche brach dem Angeklagten ein Messer ab, ein zweites verbog er durch seine Stiche — bis es aussah, wie ein Tortenheber. Ein Nachbar brach mit einer Eisenstange in die Wohnung ein, weil er Kampflärm gehört hatte. Er zog sich aber zurück, als er die brutale Szene sah. Trotzdem war sein Tun entscheidend, weil die Frau so entkommen konnte, sagte das Gericht: "Sie hatte wieder Mut geschöpft. Sie wusste: Es sind noch andere Menschen da."

Der Angeklagte flüchtete durch ein Fenster, nachdem sein Angriff gescheitert war. Die Polizei fasste ihn mehrere Tage später in Unterbarmen. Einer Verwandten soll er mitgeteilt haben: "Ich habe alles versucht, aber die Messer gingen nicht rein." Den Richtern sagte er, er habe mit seiner Ex-Frau sprechen wollen. Und er wisse nicht mehr, was er getan hat.
Die 32-Jährige leidet seelisch und unter schweren Schnittverletzungen an den Händen. Sie muss mit weiteren, komplizierten Operationen rechnen und wird womöglich nicht mehr voll arbeiten können.

Die Familie war rund ein Jahr vor der Tat aus dem Kosovo nach Wuppertal gekommen. Die Frau berichtete von Gewalt seit der Hochzeit in der Heimat. Sie habe mehrere Kinder während der Schwangerschaften durch seine Schläge und Tritte verloren. Zu Trennen habe sie sich nicht getraut — aus Angst, man würde ihr ihre anderen Kinder wegnehmen. Staatsanwalt Dr. Hauke Pahre fasste zusammen: "Er hat sie durch die Ehe geprügelt." Der Angeklagte soll gegenüber Zeugen gesagt haben: Er schlage seine Frau, um durch die Strafverfahren länger in Deutschland bleiben zu können.

Der Angeklagte kann das Urteil noch angreifen; ebenso die Staatsanwaltschaft. Die Urteilsverkündung verfolgten zudem mehrere Kriminalpolizisten. Grund Die Angegriffene hatte den Richtern bei ihrer Zeugenaussage auch von mindestens sechs Vergewaltigungen berichtet. Die neuen Ermittlungen dazu laufen bereits.

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