Rundschau-Serie "Fehlbesetzung" Die alten Hasen lassen es krachen

Wuppertal · Nina Bossy ist 26 Jahre alt und hat eher eine Abneigung gegen das organisierte Narrentreiben. Für unsere neue Spaß-Serie "Fehlbesetzung" ging sie trotzdem zum Seniorenkarneval.

 Rundschau-Redakteurin Nina Bossy (26) lernte in der erstaunlichen Welt des Senioren-Karnevals „I-Dötzchen“ Petra Gernhard (62) kennen.

Rundschau-Redakteurin Nina Bossy (26) lernte in der erstaunlichen Welt des Senioren-Karnevals „I-Dötzchen“ Petra Gernhard (62) kennen.

Foto: Nina Bossy

Das letzte Mal, als ich Karneval gefeiert habe, war ich als Clown verkleidet. Nicht zu albern, schließlich ging es mit der ganzen Clique in die Düsseldorfer Altstadt. Erst Straßenkarneval, dann Kneipe, dann in den Club. Die Typen mit den Narrenkappen kenne ich vom Durchzappen aus dem Fernsehen. Und von meinem ersten Jahr als freie Journalistin. Da kam eine ganze Truppe von der Fraktion in die Redaktion, in der ich damals jobbte. Der Chefredakteur klatschte unbeholfen, der untersetzte Prinz verteilte Orden und es gab Berliner Ballen. Ich beschloss, damals mit 20 Jahren, am organisierten Karneval nur die Ballen zu mögen ...

Am Dienstag habe ich das Clownskostüm wieder aus dem Schrank geholt, mir nach der Redaktionskonferenz mit Lippenstift einen pinken Punkt auf die Nase gemalt und bin zum Seniorenkarneval in die Stadthalle gezogen.

"Du hast mich letzte Nacht überall gestreichelt, am Rücken, am Po — da bin ich ganz wuschelig geworden", erzählt da gerade eine Büttenrednerin ihrem Mann auf der Bühne. "Na, weil ich die Fernbedienung gesucht hab", entgegnet der und die ausverkaufte Stadthalle brüllt vor Lachen. Ich, der junge Clown am Rand, lache mit. Es folgt Witz auf Tusch auf Witz, einer schlüpfriger als der andere.

Die alten Teufel, Matrosinnen, Wikinger und Engelchen lachen Tränen und die Kellner servieren Kännchen Kaffee, Wein und Pils. Bei "Wuppdika" werfen die Senioren die Arme hoch in die Luft und als die Tanzmariechen die Beine auf der Bühne schwingen, stehen sie in den Reihen auf und schunkeln mit. Die Stimmung ist mehr als warm, sie ist am Siedepunkt der Session.

Ich komme mit einem Teufel ins Gespräch, soweit es über die laute Musik möglich ist, und wir machen ein Selfie zusammen. Erst mit meinem Smartphone, und dann mit seinem, das das Nachfolgermodell von meinem ist. Er gibt mir seine Karte und ich verspreche, ihm meine Bilder zuzumailen.

Dann lerne ich noch ein I-Dötzchen kennen: Petra Gernhard ist 62 Jahre alt, trägt zwei Zöpfe, Sommersprossen und Schultüte. "Wahnsinn, die Stimmung", schreit sie mir ins Ohr und ich nicke.

Organisierter Karneval, denke ich, als ich die schwere Türen hinter mir schließe, ist gar nicht so übel. Zumindest, wenn man mit dem richtigen Leuten feiert.

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