Integration Deutsch lernen mit Kind - eine große Aufgabe

Wuppertal · Ein Deutschkurs ist der erste Schritt zur Integration. Doch auch wenn der Wille zum Deutschlernen da ist, gibt es nicht immer freie Plätze, vor allem nicht für Frauen mit Kindern. Eine Bestandsaufnahme.

 Thuraya Taja, Amani Shehadeh, Deutschlehrer Roland Brokop, Alla Schik al Ganamia und Muna Almunajed Allanam mit Tochter Elin. Normalerweise unterrichtet Roland Brokop als Mann keinen Deutschkurs nur für Frauen. In diesem Falle ist er aber für eine Kollegin eingesprungen, die den Kurs abgeben musste.

Thuraya Taja, Amani Shehadeh, Deutschlehrer Roland Brokop, Alla Schik al Ganamia und Muna Almunajed Allanam mit Tochter Elin. Normalerweise unterrichtet Roland Brokop als Mann keinen Deutschkurs nur für Frauen. In diesem Falle ist er aber für eine Kollegin eingesprungen, die den Kurs abgeben musste.

Foto: Wuppertaler Rundschau

Eine junge Frau aus Syrien betritt den Raum "Afrika" in der Hünefeldstraße 54A. Sie schiebt einen Kinderwagen vor sich her. "Ich möchte in einen Deutschkurs mit Kinderbetreuung", sagt sie. "Ich habe gehört, sie bieten einen Kurs an." Roland Brokop zögert. Die Deutschkurse mit Kinderbetreuung sind eigentlich schon voll — auch sein Kurs.

15 Frauen mit ihren Kindern kommen drei Mal in der Woche zu ihm. Sie alle wollen das Niveau B1 erreichen, einige später an der Uni studieren. Er sieht die junge Frau an, überlegt. "Waren Sie schon in einem Deutschkurs?", fragt er. Die junge Syrerin hat das Niveau A2 und möchte weiter lernen. Eigentlich passt sie perfekt in seine Gruppe. Dann sagt er: "Ok, kommen Sie morgen", und drückt ihr ein Anmeldeformular in die Hand.

Seit anderthalb Jahren leitet Roland Brokop Deutschkurse für das Katholische Bildungswerk in Kooperation mit der Aktion "Neue Nachbarn" der Caritas. Seit einiger Zeit bietet er zusätzlich montagsvormittags eine Sprechstunde für die Vermittlung in Deutschkurse an. Sein Vorteil: Er spricht arabisch. "Ich habe Orientalistik studiert und habe viele Freunde aus Palästina", erklärt er seine Fremdsprachenkenntnisse.

Einen Deutschkurs für Frauen zu geben, die alle ihre Kinder mit in den Unterricht bringen, ist auch für Roland Brokop neu. Das Angebot der Deutschkurse mit Kinderbetreuung richtet sich vor allem an Frauen, die keine normalen Integrations- und Sprachkurse besuchen können, da sie niemanden haben, der sich in der Zeit um ihre Kinder kümmert. Aber die Frauen sind motiviert. Sie wollen Deutsch lernen. Damit sie nicht durchs Raster fallen, bietet das Katholische Bildungswerk zurzeit insgesamt fünf Deutschkurse mit Kinderbetreuung an.

Zögerlich klopft es erneut an der Tür. Roland Brokop winkt die Frau herein. "Ist hier Deutschkurs?", fragt sie in gebrochenem Deutsch. Brokop verneint und erklärt ihr, dass sie sich hier für einen Kurs anmelden kann. Die junge Frau schaut verunsichert, versteht nicht. Sie kommt aus Tschetschenien, spricht kein Englisch. Hier ist die Sprachbarriere auch für Roland Brokop nicht leicht zu überwinden. Nach einiger Zeit wird klar, dass sie einen Anfängerkurs sucht, für sich und ihren Mann — und ihr Kind. "Das geht nicht", erklärt Brokop. "Wir haben keine Anfängerkurse mit Kinderbetreuung, es tut mir leid. Entweder Sie oder ihr Mann müssen dann mit dem Kind zu Hause bleiben." Die Frau nickt, notiert sich den Starttermin des Kurses und geht. Es bleibt abzuwarten, wer von den beiden zum Deutschkurs erscheint.

Einen Tag später steht Brokop in der Familienbildungsstätte in der Nähe des Alten Marktes in Barmen vor einer Gruppe junger Frauen. Einige von ihnen haben ein Kind auf dem Schoß. An der Tafel steht das Verb "sich unterhalten". "Was ist das für ein Verb, sich unterhalten?", fragt Brokop in die Runde. "Ein reflexives Verb", meldet sich eine der Frauen zu Wort. In dem Moment fängt das Kind der Sitznachbarin an zu quengeln. Die Mutter kramt in ihrer Tasche und holt einen Keks hervor. Das Quengeln wird leiser. Zwei Plätze weiter setzt sich ein kleiner Junge die Sonnenbrille seiner Mutter auf die Nase. Er grinst in die Runde, die Brille fällt scheppernd auf den Tisch vor ihm. Die Mutter nimmt ihm die Brille weg.

"Es ist eine ganz neue Erfahrung für mich, dass der Lehrer hier überhaupt nicht die Hauptperson ist", erzählt Brokop, während die Frauen die Hausaufgaben untereinander verteilen. "Und obwohl es so unruhig ist, machen alle Frauen total konzentriert mit."

Normalerweise werden die Kinder während des Deutschkurses im Nebenraum von zwei ehrenamtlichen Helferinnen betreut. Vier bis fünf kleine Dauergäste hat Brokop trotzdem immer in seinem Unterricht. Die Tür zum Nebenraum muss sowieso offen stehen, damit die Kinder ihre Mütter ständig im Blick haben. Auf die Frage, ob es den Frauen nicht schwer fällt, sich zu konzentrieren, schütteln sie den Kopf. "Das ist egal, die Kinder sind immer laut, auch zu Hause. Wir kennen das nur so", sagt Thuraya Taja. Anderthalb Jahre hat sie einen Kurs gesucht, bei dem sie ihr Kind mitbringen kann.

Die Stunde ist zu Ende, langsam packen die Frauen ihre Sachen ein. Amani Shehadeh trägt ihre Tochter Layana auf der Hüfte. Layana ist ein Jahr alt. "Wir haben viel Spaß hier und sind jetzt alle Freundinnen. Wir haben uns alle hier kennengelernt", erzählt sie und weist damit indirekt auf einen zusätzlichen Vorteile der Deutschkurse hin: den sozialen Austausch mit anderen jungen Müttern in derselben Situation, mit denselben Problemen.

"In Wuppertal haben wir zurzeit drei zertifizierte Sprachschulen, die Sprachkurse mit Kinderbetreuung anbieten. Eine vierte Schule ist gerade in der Antragstellung", erklärt Doreen Löwe vom Ressort Zuwanderung und Integration der Stadt Wuppertal. Und zwar die ABC Schule, die Uni Nachhilfe und das International Education Center. Aber auch hier gibt es Wartelisten. "An unserem Standort in Oberbarmen können wir 18 Kinder betreuen, an unserem neuen Standort in Elberfeld zwölf Kinder", erzählt Baybars Kigilcim von der ABC Schule. "Aber sehr oft müssen wir Anfragen ablehnen. Ein Kurs muss erst zu Ende gehen, damit Plätze frei werden." Betreuungsplätze für insgesamt 30 Kinder klingen erstmal nicht viel, sind aber ein guter Anfang. "Das Problem ist, dass die Betreuung in den Sprachschulen gewissen Standards entsprechen muss", erklärt Doreen Löwe. Es müssen gut ausgestattete Räumlichkeiten zur Verfügung stehen, geschultes Fachpersonal muss sich um die Kinder kümmern. Schließlich werden die Kinder jeden Tag für mehrere Stunden dort untergebracht, fast wie in einem Kindergarten.

Die Uni Nachhilfe bietet am Standort Wuppertal aktuell vier reine Frauenkurse und einen Elternkurs mit Kinderbetreuung an. Betreut werden Kinder ab einem Jahr. "Ab und zu müssen wir Eltern abweisen, deren Kinder noch zu jung sind für unsere Betreuung", heißt es von der Uni Nachhilfe. Auch das ist ein Problem.

Eltern, die keinen Platz mit Betreuung in einer zertifizierten Sprachschule ergattern, können vorerst auf Angebote wie das vom Katholischen Bildungswerk ausweichen. Eine ganze Reihe von kirchlichen und sozialen Trägern bieten ebenfalls Deutschkurse mit Kinderbetreuung an. Was fehlt, ist eine Übersicht. "Es wird daran gearbeitet, gebündelt alle Angebote zusammen zu fassen und zu präsentieren", berichtet Doreen Löwe. Unter dem Namen Wup-Portal tragen aktuell Vereine und Initiativen ihre Angebote zusammen. In den nächsten Monaten wird das Portal online gehen und für alle Wuppertaler einsehbar sein.

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