Glanzstoff-Akademie Von der Willkür der Grenzen

Wuppertal · "Hier kommt keiner durch!", so heißt das Stück der Glanzstoff-Akademie, das am Samstag Premiere im Theater am Engelsgarten feiert. Was ist schon normal? Was anders? Wer ist behindert — wer nicht? Und wo zieht man da eigentlich eine Grenze?

 Der Zauberer (Nora Krohm) verzaubert sich ständig und spricht dafür eine wunderbare Phantasiesprache.

Der Zauberer (Nora Krohm) verzaubert sich ständig und spricht dafür eine wunderbare Phantasiesprache.

Foto: Foto: Uwe Schinkel

In der Glanzstoff-Akademie der inklusive Künste gibt es keine Grenzen.

Hier können Menschen mit Handicap genauso Theater spielen wie alle anderen Theaterbegeisterten. Am Samstag, 27. Januar, feiert das Glanzstoff-Ensemble Premiere mit dem neuen Stück "Hier kommt keiner durch" nach dem gleichnamigen Kinderbuch von Isabel Minhós Martins und Bernardo P. Carvalho. Worum es darin geht? Um Grenzen. Weltpolitisch aktuell und für alle Beteiligten ganz persönlich.


Im Buch hindert ein Aufpasser die immer bunter werdende Menge, von der linken auf die rechte Buchseite zu wechseln, die blütenweiß und leer bleibt. Den Grund für seine Aufgabe hinterfragt er nicht, er führt sie gewissenhaft aus, auch als er von den Menschen mit immer drängenderen Fragen nach dem Sinn des Ganzen konfrontiert wird. Schließlich löst sich ein Ball aus der Menge, hopst nach rechts— und da gibt es kein Halten mehr: Die ganze Schar stürmt hinterher. Das Bilderbuch aus Portugal enthält im Original keinen Text. "Den haben wir gemeinsam selbst entwickelt", sagt Regisseur Markus Höller. Vor allem aber, so der Theaterpädagoge, geht es um die Figuren. "Wir wollten möglichst viele Figuren auf die Bühne bringen und haben uns darauf konzentriert."


Vom Zauberer über Bauarbeiter, Radfahrer, Eisverkäufer, Polizisten und Astronauten bis hin zu E.T. reichen diese Figuren, die so verschieden sind wie ihre Darsteller. "Wir haben zehn Schauspieler. Das heißt, zehn verschiedene Charaktere und zehn verschiedene Handicaps", erklärt Markus Höller, der schon unter der Intendanz von Gerd-Leo Kuck und Christian von Treskow erfolgreich an inklusiven Projekten arbeitete. Die Herausforderung: "Wir müssen die einen fördern, ohne die anderen zu langweilen."


Das scheint sehr gut zu gelingen. Denn so verschieden die Voraussetzungen auch sein mögen, jeder einzelne profitiert von der Arbeit auf der Bühne. "Ich habe früher oft unter Stimmungsschwankungen gelitten", gesteht eine der Schauspielerinnen. "Jetzt bin ich viel ausgeglichener — und mutiger." Für Lioba Ullrich bedeutet schon der Weg zum Opernhaus, in dem das Ensemble probt, ein Schritt Selbstständigkeit. Denn dass sie dies ganz allein tut, war auch nicht immer so. Außerdem, erzählt sie, ist das Schauspieltraining etwas, worauf sie sich an den anderen Tagen freut — etwa, wenn sie zu Hause Staub saugen oder aufräumen muss.


Seit drei Jahren gibt es das inklusive Theaterprojekt Glanzstoff, seit kurzem das Angebot des Glanzstoff- Studios, das Menschen mit Handicap für Bühnen, Film und Fernsehen professionalisiert. Zweimal die Woche kommen die Teilnehmer ins Opernhaus zur Probe. "Das sind ganze Tage, an denen sie hier proben", so Vereinsmitglied Uwe Schinkel. "Das ist wie ein Job für sie." Das Schöne: Die Glanzstoff-Aufführungen sind Teil des Spielplans der Wuppertaler Bühnen. "Wir sind sehr glücklich, dass wir hier im Haus so gut aufgenommen wurden", sagt Schinkel. Schauspiel-Intendant Thomas Braus habe nach dem ersten Gespräch sofort reagiert. Schauspielerin Julia Wolff gibt Sprechunterricht und die Kostüm- und Maskenbildner geben alles für die Glanzstoff-Stücke. Möglich ist das Projekt ausschließlich über Spenden. "Daher freuen wir uns natürlich immer über Sponsoren", so Schinkel: Die haben ab dem Wochenende die Chance zu sehen, was durch Glanzstoff möglich ist.


"Hier kommt keiner durch!", Glanzstoff Akademie der inklusiven Künste in Kooperation mit dem Schauspiel Wuppertal: Zu sehen am Samstag, 27. Januar, 18.30 Uhr, Sonntag, 28. Januar, 16 Uhr, sowie am Dienstag, 30. Januar, um 19.30 Uhr im Theater am Engelsgarten. Für die ersten beiden Termine gibt es nur noch sehr wenige Restkarten. Karten bei der Kulturkarte unter Telefon 563-76 66 oder auf kulturkarte-wuppertal.de.

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