Dirigent Marek Janowski "Die Stadthalle ist ein Juwel"

Wuppertal · Marek Janowski (80) ist ein seit Jahrzehnten weltweit gefragter Dirigent. Von der Met bis zur Wiener Staatsoper, von den Berliner Philharmonikern bis zur Staatskapelle Dresden, mit der er einen wegweisende CD-Einspielung des Rings aufnahm — kaum ein weltberühmtes Pult, dem er nicht vorstand.

 Marek Janowski verbrachte seine Kindheit und Jugend am Ostersbaum. Auch heute noch besucht er regelmäßig den „wunderschön gelegenen“ Friedhof an der Hainstraße, wo seine Mutter und seine Großeltern liegen.

Marek Janowski verbrachte seine Kindheit und Jugend am Ostersbaum. Auch heute noch besucht er regelmäßig den „wunderschön gelegenen“ Friedhof an der Hainstraße, wo seine Mutter und seine Großeltern liegen.

Foto: WDR / Felix Bröde

Am 27. Februar 2019 dirigiert er in der Stadthalle das WDR-Sinfonieorchester. Und kehrt — was nicht so bekannt ist — zurück nach Wuppertal, wo er seine Kindheit und Jugend verbrachte. Rundschau-Redaktionsleiter Hendrik Walder sprach mit ihm.

Rundschau: Sie sind 1939 in Warschau geboren, haben aber die Jahre danach in Wuppertal zugebracht. Das klingt vor den damaligen historischen Abläufen dramatisch.

Janowski: Es verhält sich so: Nach meiner Geburt musste sich meine Mutter eine Zeit lang bei ihren Eltern in Wuppertal erholen, während mein polnischer Vater in Warschau blieb. Im Herbst 39 wollte sie eigentlich nach Warschau zurückkehren, aber da hatte der Überfall auf Polen schon stattgefunden. Meinen Vater habe ich nie kennengelernt.

Rundschau: So wuchsen Sie in Wuppertal auf, gingen dort auch zur Schule.

Janowski: Ja, ich tat mich schwer mit den Umständen in einer Volksschule und kam auf Empfehlung zur Rudolf-Steiner-Schule in der Haderslebener Straße. Dort fühlte ich mich erheblich wohler und blieb dort bis zum Abitur.

Rundschau: Hat diese anthroposophische Schulform vielleicht auch Ihre musikalischen Ambitionen geweckt?

Janowski: Das mag wohl sein, im Unterschied zu konventionellen Gymnasien der damaligen Zeit waren die musischen Zweige dort sehr ausgeprägt. Es gab ein angesehenes Schulorchester, in dem ich natürlich auch spielte.

Rundschau: Sie haben Wuppertal auch während Ihres Studiums an der Kölner Musikhochschule die Treue gehalten.

Janowski: Ja, das war jedoch auch eine Frage des Geldes. Ich wohnte mit meiner Mutter und den Großeltern in der Nähe des Ostersbaum, ein Zimmer in Köln konnte ich mir damals nicht leisten und bin täglich gependelt.

Rundschau: Ihre musikalische Karriere begann aber nicht in Wuppertal?

Janowski: Nein, ich ging zunächst als Korrepetitor nach Aachen. Ich bezog mein Zimmer dort zwei Tage nach dem Berliner Mauerbau, und mein Großvater nahm mir beim Abschied das Versprechen ab, wenn die Amerikaner militärisch eingreifen würden, sofort zurückzukehren. Er fürchtete wie viele andere damals einen dritten Weltkrieg.

Rundschau: Danach wären Sie beinahe doch wieder in Wuppertal gelandet?

Janowski: Ja, dort wurde eine Kapellmeister-Stelle frei; ich leitete eine Opernvorstellung, wurde aber sofort vom Intendanten Grischa Barfuss, der direkt danach von Wuppertal nach Düsseldorf wechselte, an die deutsche Oper am Rhein engagiert — für mich im Nachhinein ein Glücksfall.

Rundschau: Kennen Sie die Stadthalle noch aus der Vergangenheit?

Janowski: Aber sicher, ich habe in den frühen Fünfzigern dort oft das städtische Sinfonieorchester unter dem beeindruckenden Hans Weisbach erlebt. 1984 habe ich mit meinem Pariser Orchester in der Stadthalle gastiert und 2008 mit dem Pittsburgh Symphony Orchestra. Das war nach der Restaurierung, seither ist die Halle nicht nur ein akustisches, sondern auch ein optisches Juwel.

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