Stefan Schmöe zum Tod des Musikers und Komponisten Thomas Beimel Das "Paradies" blieb ihm verwehrt

Wuppertal · Kennen gelernt habe ich Thomas Beimel vor Jahren in einem Wuppertaler Gymnasium. Schüler hatten per Internet Kontakt zu ihm aufgenommen: Findet mal etwas über Wuppertaler Komponisten heraus, lautete der Auftrag.

 Thomas Beimel.

Thomas Beimel.

Foto: Uwe Schinke

Thomas Beimel kam umgehend in den Unterricht, ignorierte den Lehrer freundlich und redete direkt mit den elf- und zwölfjährigen Schülern auf Augenhöhe.

Das war typisch: Nichts Abgehobenes, kein Dozieren über irgendwelche Theorien, sondern Musik als etwas ganz Selbstverständliches — und gleichzeitig Wunderbares, über das man immer neu staunen muss.

Oft hat Beimel für und mit Kindern gearbeitet, ohne deshalb ein Komponist vornehmlich für Kinder zu sein. 1989 gehörte er mit seiner Bratsche zu den Mitbegründern des Ensembles "partita radicale", das sich der neuen, vor allem aber der improvisierten Musik verschrieb.

Das war auch die klangliche Welt von Thomas Beimel: Vertrautes neu mischen, Grenzen und Genres überschreiten, manchmal ziemlich schräg und mit viel Humor, oft mit einer theatralischen Komponente. Auf Youtube kann man sich aberwitzig schöne Beispiele davon ansehen. Beimel spielte mit der Hochkultur und unterlief sie gleichzeitig.

Die Wuppertaler Bühnen brachten 2012 Beimels Musiktheater "Vom guten Ton — die Welt ist voll Geplapper" zur Uraufführung — eine Anti-Oper jenseits der Konvention, ohne jeden Anflug von Pathos.

Bereits 2004 hatte Beimel sein eigenes Theater gegründet — gemeinsam mit Olaf Reitz und Reinhard Schiele. Das "Theater Paradies" sollte im Mirker Bahnhof spielen, die ersten Projekte waren fest terminiert, verzögerten sich aber durch die unübersichtlichen Besitzverhältnisse der Immobilie. Als später wertvolle Fensterverglasungen gestohlen wurden, danach auch noch ein Brandanschlag auf das Gebäude verübt wurde, scheiterte das "Paradies", das zu einem der aufregendsten Veranstaltungsorte Wuppertals hätte werden können.

In seiner bodenständigen, immer offenen und neugierigen, ironischen und dann doch ernsten Haltung gehörte der 1967 in Essen geborene Beimel ganz selbstverständlich nach Wuppertal, auf den Ölberg (wo er wohnte) und ins Luisenviertel. Man mag es nicht glauben, dass er nicht mehr im nächsten Moment um die Ecke kommt irgendwo an der Luisenstraße, so selbstverständlich war er Teil der Wuppertaler Kultur.

Dabei war er alles andere als provinziell: Komposition studierte er unter anderem in Bukarest, beschäftigte sich mit der Musik Rumäniens und Lateinamerikas. Die zu entdeckenden Nischen waren ihm interessanter als das Establishment und die selbst ernannte Avantgarde.

Am 29. Juni 2016 ist Thomas Beimel überraschend verstorben. Wuppertal hat mit ihm einen seiner sympathischsten und kreativsten Querköpfe verloren.

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