Nach Toreschluss - die Wochenend-Satire Theorie und Praxis

Wuppertal · Unser neuer Stadt-Slogan ist fertig: "Wuppertal grüßt aus dem Bergischen Stand." Seit Donnerstag sind wir Metropole der autoimmobilen Entschleunigung, das Auffanglager für verirrte Ostblock-Lastwagen und das Fleisch gewordene Nervenbündel Nordrhein-Westfalens.

 Rundschau-Redakteur Roderich Trapp.

Rundschau-Redakteur Roderich Trapp.

Foto: Bettina Osswald

Es geht nix mehr voran und alle wussten es vorher. Außer denen, die dafür zuständig sind.

Ich lebe ja erst seit meiner Geburt hier und war nie länger weg. Deshalb kenne ich mich natürlich nicht so gut aus wie die diversen Zugereisten, die mir vorige Woche erklärt haben, dass man die A46 ganz gut sperren kann, wenn man nur ein paar Schildchen mit dem Hinweis darauf irgendwo in Leverkusen-West aufstellt. Auf dass der Fernverkehr über Bottrop oder das Sauerland weiter nach Osten fahre! Den kleinen Rest der ortsnah operierenden Automobilisten werde man sodann über Umleitungen durch die Stadt führen, die zwar schon ohne Sperrung verstopft sind, aber bestimmt trotzdem mit mehr Verkehr noch besser funktionieren.

Unglücklicherweise hat sich in der Praxis herausgestellt dass Lastwagenfahrer aus der bulgarischen Provinz diese Schilder mangels deutscher Sprachkenntnisse gar nicht lesen können. Sie halten Varresbeck vermutlich für eine landestypische Brotspezialität und Umleitung für den chinesischen Verkehrsminister. Und weil ihr Navi in Helmstedt noch einen innerdeutschen Grenzübergang anzeigt, kennt es auch in Wuppertal die B7-Sperrung nicht. Am Ende kreieren dann Gelenkzüge mit ratlosen Fahrern nach einer Stunde auf den Kriechspuren Sonnborner Ufer oder Düsseldorfer Straße sogar an der Ohligsmühle in Richtung Barmen einen Stau. Dort gucken sie mit riesigen Augen erst auf eine noch riesigere Baustelle und suchen dann nach der eigentlich nicht existierenden Wendemöglichkeit. Damit konnte niemand rechnen.

Genauso wenig wie damit, dass es möglicherweise gar keine gute Idee der Verwaltung sein könnte, auf der Briller Straße für die Dauer der A46-Sperrung schnell noch eine Baustelle zu erfinden, die aus der zweispurigen Piste talwärts eine einspurige macht. Experten hatten in tagelangen Recherchen herausgefunden, dass das kein Problem sei, weil die offizielle Umleitung zur Auffahrt Elberfeld ja 100 Meter vorher links in die Hochstraße führt. Dass Tausende Fahrer trotzdem bergrunter in die City wollten, hat die Spezialisten dann eiskalt erwischt. Verkehrsteilnehmer können aber auch wirklich gemein sein. Der theoretisch nicht existierende Rückstau reichte auf der gleichnamigen Straße praktisch bis Neviges.

Manchmal frage ich mich, warum man den Verkehr nicht von Polizisten regeln lässt, die flexibler als die Ampeln auf die Lage reagieren und wenigstens dafür sorgen könnten, dass keine aggressiven Birnemänner die Kreuzungen blockieren oder orientierungslose südeuropäische Trucker falsch abbiegen. Aber ich bin ja nur ein Laie.

Apropos Laie und Theorie: Theoretisch haben wir in Wuppertal ja auch einen Verkehrsdezernenten, aber von dem hat man lange nichts gehört. Wahrscheinlich steht er im Stau. Genau wie wir demnächst bei der Sperrung in die andere Richtung. Es sei denn, den Experten fällt vorher noch was ein.

Bis die Tage!

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