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Nach Toreschluss - die Wochenendsatire: Teppichklopfverordnung

Nach Toreschluss - die Wochenendsatire : Teppichklopfverordnung

Hören Sie das auch? Draußen auf der Straße? Freudenschreie, Riesenjubel, wildfremde Menschen liegen sich in den Armen - weil das Teppichklopfen endlich vollständig legalisiert wird! Nun wussten Sie möglicherweise gar nicht, dass das bisher überhaupt reglementiert war.

Dann haben Sie fahrlässig § 9 der Wuppertaler Straßenordnung ignoriert.

Der lautet nämlich: "Das Ausklopfen und Ausstäuben von Teppichen, Betten, Kleidern und anderen Gegenständen ist nur auf den nicht an Straßen oder Anlagen angrenzenden Grundstücksflächen erlaubt, und zwar werktags in der Zeit von 08.00 bis 20.00 Uhr." Bei Zuwiderhandlungen drohen Bußgelder bis zu 1.000 Euro.

Diese Verfügung der lokalen Ordnungsmacht wirft natürlich Fragen auf. Zum Beispiel: Was ist eigentlich Ausstäuben? Bienchen bestäuben Blumen, Menschen entstauben schon mal Sachen. Aber das Ausstäuben scheint mir ziemlich ausgestorben. Außer in der Wuppertaler Straßensatzung und im Duden, der uns belehrt, dass es sich bei "ausstäuben" um "staub aus etwas schütteln" handelt. Man hätte also auch das Ausschütteln von Betten oder Kleidern werktags zwischen 20 und 8 Uhr verbieten können, aber dann wäre der Paragraph zu leicht verständlich gewesen.

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Das gilt auch für die "nicht an Straßen oder Anlagen angrenzenden Grundstücksflächen". Bisher dachte ich, dass eigentlich alle Grundstücksflächen irgendwie an Straßen angrenzen, wenn sie nicht gerade von einem Eremiten tief im Wald bewohnt werden. Und was sind im teppichklopfverordnungsrechtlichen Sinne wohl Anlagen? Die in Barmen oder die bei der Bank? Man weiß es nicht, hat aber eine Vermutung: Gemeint sein wird, dass Teppiche hinter dem Haus geklopft werden sollen, wo in der Regel früher auch die berühmten Teppichstangen einbetoniert wurden, die sich im wesentlichen ideal als Fußballtor eigneten.

Diese Installationen sind in modernen Wohnkonzeptionen allerdings kaum noch vorgesehen, weil seit der Erfindung des Staubsaugers niemand mehr Teppiche klopft und es immer weniger Straßenfußballer gibt. Deshalb ist übrigens auch der gewöhnliche Teppichklopfer aus Rattangeflecht vom Aussterben bedroht, mit dem ich als Kind gelegentlich nach einschlägigen Untaten von erzürnten Erziehungsberechtigten durchs Haus gejagt wurde. Er ist in der modernen Pädagogik durch Super-Nannys und Wuthöhlen ersetzt worden.

Überraschend schnell reagiert die Wuppertaler Stadtverwaltung jetzt auf die Erfindung des Staubsaugers und die sinkende Bedrohung des gedeihlichen öffentlichen Zusammenlebens durch Teppichklopfexzesse außerhalb der werktäglichen Ausstäubungszeitkorridore und hat eine Vorlage für den Stadtrat erarbeitet, die den bisherigen § 9 der Straßenordnung komplett abschafft.

Gibt es am 20. Februar eine Mehrheit dafür, dann können wir endlich angstfrei Betten am Fenster ausschütteln, ohne dass jemand Schmiere stehen muss. Und niemand kann uns mehr Bußgeldbescheide schicken, wenn wir Omas pelzigen Persianer gegen die Hauswand klatschen, damit der Muff da rausgeht. Falls jemand will, kann er sogar mittenmang vor der Haustür seinen Flokati entlausen. Aber ohne flüssige Reinigungsmittel, das verbietet der zweite Abschnitt der Straßenordnung.

Einen kleinen Webfehler hat der teppichklopfverbotsbefreite Entwurf der neuen Straßenordnung allerdings noch: Der berühmte § 9 ist zwar abgeschafft, aber bis § 10 hat sich das noch nicht herumgesprochen. Der droht nämlich in Unterabschnitt "h)" immer noch jedem bis zu 1.000 Euro Geldbuße an, der "gegen die Vorschriften des § 9 über das Ausklopfen von Teppichen und Betten verstößt".

Möglicherweise ist der zuständige Sachbearbeiter als Kind auch mit dem Teppichklopfer vertrimmt worden und hat Spätschäden davon getragen. Oder er musste vor Fertigstellung der Drucksache in Beugehaft, weil er illegal Teppiche geklopft und die Geldbuße nicht bezahlt hat. Den Passus müsste jedenfalls dringend noch mal jemand abklopfen. Aber bitte nicht nach 20 Uhr ...

Bis die Tage!