Nach Toreschluss - die Wochenend-Satire Platzprobleme

Heute dichten wir mal aus aktuellem Anlass ein altes Kinderlied um: Ein Männlein steht am Kreisel auf dem Kopf dumm rum, es hatte mal 'nen Koffer und 'ne Krawatte um. Sagt, wer mag das Männlein sein, das da steht am Kreis allein, ohne Si-hi-hinn und Köfferlein?

 Rundschau-Redakteur Roderich Trapp.

Rundschau-Redakteur Roderich Trapp.

Foto: Bettina Osswald

Heute dichten wir mal aus aktuellem Anlass ein altes Kinderlied um: Ein Männlein steht am Kreisel auf dem Kopf dumm rum, es hatte mal 'nen Koffer und 'ne Krawatte um. Sagt, wer mag das Männlein sein, das da steht am Kreis allein, ohne Si-hi-hinn und Köfferlein?

Die Antwort liegt auf der Hand: Es geht um die kopfstehende Statue "Ein neuer erfolgreicher Tag", die 2008 am Kasinokreisel aufgestellt und seitdem sukzessive wieder abgetragen worden ist. Die filigrane Krawatte des Männleins war noch schneller verschwunden als die potenziellen Oberbürgermeister-Kandidaten von "Wuppertal 3.0". Und jetzt hat scheinbar auch noch jemand aus einer Laune heraus mit Hilfe eines Winkelschleifers oder Presslufthammers den durch schwere Eisenstangen am Sockel gehaltenen schwarzen Koffer stibitzt. Vom epochalen Werk bleibt also nur noch eine Art Kellner mit Pomadenfrisur im Handstand, dessen einst weißes Oberhemd dringend mal in die 40-Grad-Wäsche müsste.

Da sein belgischer Schöpfer Guillaume Bijl auf Fotos früher schon immer so verstört aussah wie Jack Nicholson als Axtmörder in den letzten Szenen des Horror-Klassikers "Shining", möchte ich gar nicht wissen, wie er jetzt guckt, wenn er mal nach Elberfeld kommt. Der Konzeptkünstler gilt immerhin als ausgesprochen sensibel, weshalb er seinerzeit auch verboten hat, irgendwelche andere Kunst im Umfeld der Statue zu installieren, die die Wirkung des Meisterwerkes beeinträchtigen könnte. Das hat auch ganz gut geklappt. Nichts trübt den Blick auf des Männleins wuchtigen Sockel, der in einem viereckigen Beet ruht, dessen Bewuchs an die karge Steppenlandschaft der Halbwüste Gobi erinnert. Eine gärtnerische Minderleistung zum Quadrat, die sich wegen des großen Erfolges ein paar Meter weiter unmittelbar vor dem "Scoozi" ohne Denkmal drauf gleich noch einmal wiederholt. Es ist ein Glücksfall, dass man angesichts des Bijl-Vetos seinerzeit davon absehen musste, gleich neben dieser urbanen Dürreperiode Lyrik von Else Lasker-Schüler auf den schwarzen Asphalt zu malen. Das hätte die große Elberfelder Dichterin nämlich wirklich nicht verdient.

Statt Kunst hat man gegenüber dem Männlein inzwischen einen würfelförmigen Kiosk in dezentem Signalrot aufgestellt. Der Platz vermittelt damit insgesamt den Eindruck, als hätte Rübezahls Sohn beim Spielen auf der Herzogstraße einen Bauklotz und ein Playmobilmännchen verloren und wäre im Weggehen noch tapsig auf das Else-Denkmal gelatscht. Das ist ebenfalls angedötscht und mit Baken in Kiosksignalrot umstellt. Aber hier sitzen an Wuppertals größtem außengastronomischen Hotspot bei gutem Wetter ja auch nur regelmäßig so um die tausend Leute in der Sonne. Da ist das Stadtbild nicht so wichtig.

Sagt, wer schickt das Männlein heim, das da stört am Platz allein, und macht uns unsere City fein?

Bis die Tage!

(Rundschau Verlagsgesellschaft)
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