Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Ein Aufschlagidiophon

Wuppertal · Es gibt die normale Polizei, die Kriminalpolizei und die Wasserschutzpolizei. Was noch fehlt, ist eine Klingeltonpolizei. Denn was da aus manchen Handys an Geräuschen rauskommt, wenn jemand anruft oder eine SMS eintrudelt, gehört dringend zusammen mit den Pokémon lebenslänglich in den Digital-Knast.

 Rundschau-Redakteur Roderich Trapp.

Rundschau-Redakteur Roderich Trapp.

Foto: Bettina Osswald

Die Zeiten, in denen Teenies ihr gesamtes Taschengeld dafür ausgegeben haben, dass ein bekloppter Frosch auf ihrem Handy mit Lederhelm, Pilotenbrille und angedeutetem Geschlechtsteil in Motorradfahrerpose "Dedingdingdingdiiingediingg-chhh-dooongdongdooong" schreit, sind zum Glück vorbei. Auch von im Spar-Abo tanzenden Nilpferden hat man lange nichts gehört. Sie sind zusammen mit dem erbärmlich quietschenden Hasen Schnuffel verstummt. Dieser Langohr-Klingelton-Terrorist hatte vor acht Jahren die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel mit größeren Mengen Grundschülern drin für Erwachsene praktisch unmöglich gemacht.

Schnuffel und Co. sind von der technischen Entwicklung überrollt worden: Mittlerweile kann sich jeder so ziemlich alles auf sein Smartphone packen, was er gerne als Klingelton hätte. Von Helene Fischer über Bushido bis Hänschen klein kann es einen da jederzeit völlig unerwartet böse erwischen.

Bei manchen Handys muss man allerdings ein vierjähriges Bachelorstudium Informatik absolvieren, um einen Song zum Klingelton zu machen. Was zur Folge hat, dass gerade älteren Menschen gerne ganz einfach den werksseitig eingestellten Standardklingelton drauf lassen. Das ist die Erklärung dafür, warum garantiert mindestens zehn Menschen über 60 gleichzeitig hektisch in die Tasche packen, wenn in der Stadthalle der legendäre Klingelton "Marimba" in das ganz besonders leise Adagietto des vierten Satzes aus Gustav Mahlers Sinfonie Nummer fünf platzt.

"Marimba" ist der Standardklingelton des iPhones. Er geht ungefähr so: "Klingeling-klingelingelingeli-dingdong". Gespielt wird er auf dem gleichnamigen Instrument, das vorwiegend in Süd- und Mittelamerika verbreitet ist. Das hat einen gewissen Witz, weil es sich bei der Marimba wissenschaftlich um ein Aufschlagidiophon handelt. Idiophon ist zwar eigentlich der Fachbegriff für ein selbstklingendes Instrument, es könnte aber auch gut ein iPhone für Doofe sein.

Apropos iPhone für Doofe: Jetzt kommt ja das neue iPhone 7, das keinen Kopfhöreranschluss mehr hat. Satt dessen gibt es zwei kabellose Ohrstöpsel, an die das Telefon den Sound kabellos überträgt. Sie heißen "Airpods", weil man mit ihnen podhässlich aussieht. An den Ohr-Nuppis ist nämlich noch ein ungefähr fünf Zentimeter langer Stab dran, mit dem ihr Träger den Anschein erweckt, er hätte sich morgens den Aufsatz seiner elektrischen Zahnbürste in die Hörmuschel gesteckt. Deshalb gibt es die Airpods bei uns ab Oktober wahrscheinlich auch so sehr günstig für unter 200 Euro.

Da ist es dann auch nicht so schlimm, dass sie aus mit dem Apple-Design nicht ausreichend kompatiblen Ohren (ich selbst habe Ohren für Windows und kenne das Problem) sofort wieder rausfallen und dann mutmaßlich auf der Straße vom Auto überrollt werden. Dieses Problem haben Elektronik-Hersteller bereits erkannt und verkaufen jetzt Kabel für die kabellosen Kopfhörer. Gibt es eigentlich auch eine Produktentwicklungspolizei?

Bis die Tage!

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