Nach Toreschluss — die Wochenendsatire Dummfall: Der Leo ist los

Wuppertal · "Der Löwe ist los" heißt eine beliebte Kinderbuchreihe von Max Kruse. Bei ihrem Autor handelt es sich nicht um den Fußball-Nationalspieler — der benimmt sich höchstens kindisch —, sondern um den Sohn von Käthe Kruse, die mehrere Generationen deutscher Kinder mit adipösen Spielzeugpuppen ausgestattet hat.

 Rundschau-Redakteur Roderich Trapp.

Rundschau-Redakteur Roderich Trapp.

Foto: Bettina Osswald

Wenn ihr Sohn nicht voriges Jahr gestorben wäre, hätte er jetzt eine Fortesetzung schreiben können, die im Wuppertaler Zoo spielt: "Der Leo ist los".

Am Donnerstag ist bekanntlich ein Schneeleopard aus seinem Käfig ausgerissen und eine Runde durch die Gegend spaziert. Deshalb mussten die Besucher kurzfristig in die Tierhäuser evakuiert werden. Eine Ironie des zoologischen Schicksals: Der Leopard in Freiheit und die Menschen eingesperrt — eine Art "Planet der Affen"-Situation im Großkatzenmilieu. Schuld am Ausbruch war übrigens menschliches Versagen. In Jugendsprache ausgedrückt also ein Dummfall (sprich: dummer Unfall).

Den Dummfall können Sie sich ruhig merken, denn er ist einer der 30 Kandidaten für das Jugendwort des Jahres, das der Langenscheidt-Verlag gerade wieder wählen lässt. Da gucken wir natürlich mal näher hin — und stellen fest: Viele dieser Worte sind echt nützlich! Ich könnte mir beispielsweise vorstellen, dass einige Zoobesucher versucht haben, mit der Vollpfostenantenne (Selfie-Stick) ein Handyfoto von sich mit dem Leoparden im Hintergrund zu machen. Andere hatten nach einer halbe Stunde Evakuierung bei 35 Grad im Tropenhaus möglicherweise Durst auf einen Hopfensmoothie (Bier) im Okavango (kein Jugendwort, sondern das Zoo-Restaurant).

Vielleicht haben auch übernervöse Zoo-Besucher Panik gemacht und sich damit als Uhrensohn (jemand, der sich zur falschen Zeit wie ein Idiot benimmt) geoutet. Immer mehr Leute haben schließlich nur noch Interneteier (Mut, nur online laut zu sein) und sind ohne ihr Swagphone (Smartphone zum Angeben) ganz arme Würstchen. Aber Hauptsache, keiner ist leichtsinnig rausgelaufen. Sonst wäre er vielleicht von der bis zu 60 Zentimeter großen Bestie angefallen worden und hätte dann zum Fleischdesigner (Chirurg) gemusst.

Auf jeden Fall war der Leopardenausbruch für einige der Eingeschlossenen mal eine willkommene Gelegenheit, nicht nur Banalverkehr (belangloser Chatverlauf) zu haben. Manche könnten zum Beispiel per "Whatsapp" befunden haben: "Voll Süßmo (Kosename), der Leo." Mancher twitterte aber bestimmt angesichts der unverhofften Auszeit auch mit knurrendem Magen: "Bin am modeln (Hunger aushalten)."

Und wenn Eltern im Chat ihren Kindern übertriebene Handlungsempfehlungen für die Krisensituation gegeben haben, könnte es durchaus auch zu handfestem Darthvadern (den Vater raushängen lassen) gekommen sein. Ganz abgesehen davon, dass Auge in Auge mit der Raubkatze auch so mancher Tintling (Tätowierter) blass geworden wäre...

Ein richtiger Swaggernaut (extrem coole Person) ist dagegen Studentin Vera aus Wuppertal. Die war nicht im Zoo, sondern hat sich dabei filmen lassen, wie sie im Taucherzug mit Schnorchel und Flossen am Rand der Friedrich-Ebert-Straße vor einer riesigen Pfütze steht und von einem vorbeifahrenden Auto komplett geduscht wird. Ein spontaner Gag, aus dem die Bild-Zeitung mit Blick auf die Hitzewelle der letzten Tage jetzt die haarsträubende Geschichte "So erfrischt sich Vera aus Wuppertal" gemacht hat.

Zusätzlicher Tipp der Bild-Redaktion für Nachahmer: Bei Trockenheit die Pfützen einfach mit dem Gartenschlauch nachfüllen. Das ist ein sehr schönes Beispiel für Niveaulimbo (ständiges Absinken des Niveaus). Das war wohl nicht umsonst schon schon 2010 das Jugendwort des Jahres ...

Bis die Tage!

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