Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Der Tummelskopp

Wuppertal · Neulich in einem Elberfelder Bistro-Café: Auf der Tafel mit den Mittagsgerichten steht "Möhrendurchenander mit Mett" - völlig korrekt ohne "i" geschrieben! Piekfeines "Möhrendurch-ein-ander mit Mettwurst" können Sie an der Elbchaussee oder der Königsallee bestellen.

 Rundschau-Redakteur Roderich Trapp.

Rundschau-Redakteur Roderich Trapp.

Foto: Bettina Osswald

Da sind dann die Portionen sehr klein, aber die Preise umso höher, weil der Gastronom ein zusätzliches "i" kaufen muss.

Wir in Wuppertal sind von Hause aus nicht so gespreizt und lassen deshalb nicht nur das "i" weg, sondern gleich auch noch die ganze Wurst hinter dem Mett, weil ja sowieso jeder weiß, was gemeint ist. "Möhrendurchenander mit Mett" steht damit symbolisch für einen typischen Wuppertaler Wesenszug: Kein großes Gedöns machen!

Den Zugereisten müssen wir an dieser Stelle möglicherweise erklären, dass es sich beim "Gedöns" im abstrakten Sinn um "Gewese" handelt. Und sofern Sie das ebenfalls nicht kennen: Man kann auch "Getue" sagen. Das abstrakte "Gedöns" ist dabei aber nicht zu verwechseln mit dem gegenständlichen "Gedöns", das eine Art "Klöngel" darstellt - oder ins Hochdeutsche übersetzt "Kram" oder "Zeug".

Kein Gedöns kann ich ja mal an einem Beispiel aus dem Turnunterricht deutlich machen: Hier müssen Kinder unter Anleitung von Diplom-Sportlehrern eine "Rolle vorwärts" zur Durchführung bringen. Ein ebenso sperriger wie missverständlicher Begriff, denn "Rolle vorwärts" könnte ja auch eine Aufforderung an einen Autoreifen sein. Vielleicht heißt die Übung des deshalb in einigen Landesteilen trotz massiver Proteste von Greenpeace auch "Purzelbaum".

In Wuppertal machen wir da gar nicht so ein Gedöns: Bei uns heißt "Rolle vorwärts" einfach "Tummelskopp". Das beschreibt sehr schön die Dynamik des simplen Bewegungsablaufs und bezieht auch die Möglichkeit ein, das kleine Kinder nach zu vielen Tummelsköppen in Serie schon mal das vorher eingenommene Mittagessen auf der Turnmatte verteilen. Das ist dann aber kein Gedöns mehr, sondern eine Ferkelei und ein anderes Thema.

Denn wir sind ja immer noch dabei, das wunderbare sprachliche Understatement des Wuppertalers zu analysieren. Also noch so ein schöner Fall: Kinder und Jugendliche sind ja heute oft nicht mehr ganz so optimal erzogen. Wenn sie mit Luftgewehren auf Lehrer schießen, außer SMS nur noch Sechsen schreiben und nicht nur auf dem Klo abziehen, dann sind sie heute aus pädagogischer Sicht "verhaltenskreativ", "verhaltensoriginell" oder im schlimmsten Fall "verhaltensauffällig".

Das sind ziemlich formulierungsoriginelle Wortschöpfungen, die wir in Wuppertal nicht nötig haben. Bei uns waren solche Blagen immer schon "raderdoll". Und wenn es ganz schlimm wird, dann hätten wir noch "raderkastendoll" im Angebot. Raderkastendolle Blagen kriegt man übrigens leicht wieder in den Griff, wenn man ihnen zur Strafe drei Wochen lang kein Möhrendurchenander kocht.

Bis die Tage!

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