Nach Toreschluss — die Wochenendsatire 563-Nullnummer

Wuppertal · Neulich wurde wieder ein Städte-Ranking veröffentlicht, bei dem Wuppertal nicht in den Top-Ten ist. Und das ist auch gut so, denn es handelt sich um die Hitliste der staureichsten Städte Deutschlands.

 Roderich Trapp.

Roderich Trapp.

Foto: Bettina Osswald

Spitzenreiter ist Berlin, wo die Menschen im Schnitt 154 Stunden pro Jahr im Stau stehen. Das hört sich viel an, ist aber wahrscheinlich noch gar nichts gegen die Zeit, die ein normaler Deutscher pro Jahr in Telefon-Warteschleifen verbringt.

Ich selbst habe neulich bei einer Bank angerufen, die offensichtlich eigens einen Texter für die kreativen Beschwichtigungssprüche engagiert hat, die immer mal wieder zwischen nervtötender Musik eingeblendet werden. "Es tut uns leid, dass Sie warten müssen. Wir sind gleich für Sie da." - dideldumm dideldumm - "Wir wissen es sehr zu schätzen, dass Sie immer noch warten. Jetzt kann es nicht mehr lange dauern." - dideldumm dideldumm "Vielen Dank für ihre Geduld, jetzt kann es wirklich nur noch wenige Augenblicke dauern." - dideldumm dideldumm - "Das Anrufaufkommen ist wirklich außergewöhnlich hoch. Wir bemühen uns, Sie schnellstmöglich mit dem nächsten freien Mitarbeiter zu verbinden."

Nach 29 Minuten bekam ich einen Krampf im Arm und konnte deshalb nicht mehr auf die nächste Vertröstung warten. Sie hätte wahrscheinlich gelautet: "Schön, dass Sie immer noch in der Leitung sind. Wir werden ihren Anruf schnellstmöglich nicht entgegen nehmen."

Ähnlich ging es einem Anrufer - wir wollen ihn Herr Geduldig nennen - der dieser Tage das Service-Center der Stadt Wuppertal unter der allseits bekannten Nummer 563-0 anwählte. Dort wollte er sich nach einem Lageplan seines Grundstücks erkundigen, auf dessen Zusendung er seit fünf Wochen wartete.

Am anderen Ende meldete sich leider kein lebendiges Frollein vom Amt, sondern eine abgehackt sprechende, automatische Frauenstimme aus der Frühzeit der Robotik. Die bot Herrn Geduldig zunächst an, sich um einen freien Ausbildungsplatz bei der Stadtverwaltung zu bewerben und ließ ihn dazu im Tonfall einer Domina wissen: "Informiere dich unter www.wuppertalent.de!"

Da Herr Geduldig aber bereits das Ende seines Berufslebens vor Augen hat, beschloss er, das lieber nicht zu tun und weiter in der Warteschleife zu bleiben. In der teilte die Roboterfrau als nächstes sinngemäß mit, dass man derzeit aufgrund der personellen Situation eher einen Termin bei Angela Merkel als beim Wuppertaler Einwohnermeldeamt bekomme. Anschließend informierte sie darüber, dass man wegen des hohen Anrufaufkommens beim Bergischen Service-Center besser nachmittags anrufen oder die Möglichkeiten des World Wide Web nutzen solle.

Herr Geduldig blieb trotzdem dran und hatte dann eine gute halbe Stunde Zeit, sich Warteschleifenmusik vom gefürchteten Komponisten Karl Klimper anzuhören. Dann machte es "möööp - möööp - möööp" und der Anruf war beendet.

Versuch Nummer zwei brach er nach 21 Minuten selbst ab und wählte stattdessen die Nummer 563-4000, unter der man dem Wuppertaler Ordnungsamt Auffälligkeiten durchgeben kann. Dort nahm auch prompt ein richtiger lebendiger Mensch ab. "Ich möchte einen Notfall melden", sagte Herr Geduldig "Was ist denn passiert?", fragte der Mitarbeiter. Herr Geduldig: "Einer ihrer Kollegen muss verstorben sein. Der geht jedenfalls nicht mehr ans Telefon ..."

Bis die Tage!

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