Kommentar zum umstrittenen Diskussionsabend mit der AfD Niederbrüllen ist auch keine Lösung

Wuppertal · Ausgrenzen? Diffamieren? Streiten? Wenn es um den richtigen Umgang mit der AfD geht, dann sind Politiker, Bürger und Journalisten gleichermaßen überfordert, wie die emotionale und leider sehr unsachliche Debatte zeigt, die um eine Veranstaltung des Café Swane entbrannt ist.

 Rundschau-Redakteurin Nicole Bolz.

Rundschau-Redakteurin Nicole Bolz.

Foto: Bettina Osswald

Inhaberin Selly Wane hatte in der vergangenen Woche zu einem Diskussionsabend mit politischen Vertretern aller Parteien eingeladen — inklusive der AfD. Keine moderierte Podiumsdiskussion sollte es sein. Selly Wane — eine politisch engagierte Frau mit afrikanischen Wurzeln — wollte eine Möglichkeit für Bürger schaffen, persönlich ins Gespräch mit den Politikern zu kommen. Sie sollten ihnen ihre Fragen stellen, Zweifel äußern und auch gegen deren Äußerungen protestieren können.

Seitdem wird in den Sozialen Medien heftig diskutiert. Reden mit der AfD? No way! Und ja, es gibt sehr viele sehr gute Gründe, warum man Mitgliedern dieser Partei kein Podium für ihre diffamierenden, menschenverachtenden Parolen bieten sollte. Angefangen vom simplen "Mit Nazis diskutiert man nicht!", über die Sorge, man mache sie salonfähig, indem man sie in die Riege etablierter Parteien hole, bis hin zur Erkenntnis, dass Vertreter der AfD bei solchen Diskussionen den eigenen Themen und Provokationen ausweichen, sich eben nicht vorführen lassen. Hier haben Jan Sudhoff (Geschäftsführer "Arbeit und Leben") und Detlef Vonde (Historiker) mit ihrem offenen Brief "Die AfD — Subjekt oder Objekt politischer Bildung?" eine gute Diskussionsgrundlage geschaffen.

Doch so viele Argumente es auch geben mag, zwei Dinge lassen sich daraus nicht ableiten: Dies ist nicht der einzig wahre Weg des Umgangs mit der AfD. Folglich kann man auch nicht alle anderen untersagen, geschweige denn Menschen diffamieren, die nach anderen Möglichkeiten suchen. Denn dabei — das zeigt die aktuelle Wuppertaler Situation — werden plötzlich die zum Feind, die eigentlich das gleiche Ziel verfolgen.

Und so gerät Selly Wane plötzlich selbst ins Visier von linken Hardlinern. Auf der Seite "linksunten.indymedia.org" wurde schon im Vorfeld der Diskussion ebenso verächtlich wie ahnungslos Stimmung gegen die Swane-Betreiberin gemacht. Von einem "Hipster-Café an der Elberfelder Hipster-Meile" ist da die Rede, das "auch mal Politik machen" will. Es wird ihr abwechselnd "strunzdumme Naivität" oder "zynisches Kalkül" unterstellt. Und sicherheitshalber wird der Ausgang des Abends (er wurde von Vertretern der linken Szene gestört, dann wurden die Mitglieder der AfD von der Polizei aus dem Café gebracht und schließlich die Veranstaltung abgebrochen) und dessen Interpretation auch gleich vorweggenommen: "Dass die AfD das nutzen wird, ihre ermüdende Opferinszenierung aufzuführen, steht außer Frage. Doch nicht jene, die eine Diskussion mit Menschenfeinden verhindern, machen dieses Schmierentheater möglich, sondern diejenigen, die aus Kalkül oder Naivität so etwas organisieren." In dieser selbstgefälligen Kausalkette scheinen mir die Teile dann doch ein wenig durcheinander geraten und die Verantwortung für das eigene Handeln bequem abgegeben.

Ja, es ist wichtig, dass Bürger lautstark gegen die rassistischen und nationalistischen Parolen der AfD protestieren. Und sicher war die geplante Veranstaltung in der Form nicht der geeignetste Rahmen. Nur ist der Sache nicht damit gedient, Veranstalter und Teilnehmer niederzubrüllen. Was es statt dessen braucht, sind gemeinsame Strategien für eine widerstandsfähige demokratische Gesellschaft. Die muss man aktiv suchen, sich ausprobieren und vielleicht auch mal an einer Variante verheben dürfen, um dem Ziel näher zu kommen. Denn von einer wirklichen Lösung ist das Konzept "Gesprächsvermeidung" weit entfernt.

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