Was wird aus den verkaufsoffenen Sonntagen? Mehr Flexibilität muss her!

Wuppertal · Ehrlich gesagt (1.): Ich bin nicht in Freudentränen ausgebrochen, als CDU und FDP die NRW-Landtagswahl gewonnen haben.

 Rundschau-Redakteur Stefan Seitz.

Rundschau-Redakteur Stefan Seitz.

Foto: Bettina Osswald

Aber Schwamm drüber — vielleicht hat das ja auch sein Gutes... Beim in letzter Zeit so unerträglich zähen, sperrigen und unerfreulichen Thema der Genehmigung von verkaufsoffenen Sonntagen beispielsweise hoffe ich stark auf Schwarz-Gelb. Es ist absolut dringend, dass hier endlich mal Licht im Tunnel angezündet wird.

Ehrlich gesagt (2.): Starke Gewerkschaften sind eine sehr wichtige Säule unserer Gesellschaft. Aber das, was Ver.di sich hier in Wuppertal geleistet hat, geht auf keine Kuhhaut. Wo es bitter nötig wäre, mit breiter Brust und mächtigen Oberarmen für die Eindämmung des skandalösen Minijob-Wildwuchses und/oder für eine deutliche Erhöhung des Mindestlohnes zu kämpfen, war Ver.di über Monate mit nichts anderem präsent, als dem Selbstverständnis eines Verkaufsoffener-Sonntag-Verhinderers.

Wohlgemerkt natürlich orientiert an gesetzlichen Grundlagen. Dass die so schwammig sind, dass eine Klage gegen einen verkaufsoffenen Sonntag offenbar automatisch Erfolg hat, muss sich ändern. Dass eine Wuppertaler Stadtspitze bibbernd vor Furcht sich nun gar nicht mehr traut, irgendetwas zu genehmigen (etwa einen offenen Sonntag zum publikumsintensiven "chocolArt"-Festival in der Barmer City, siehe Rundschau vom 22. Juli) — das kann so nicht weitergehen. Auch dass der Handel sich derart gelähmt fühlt, dass man dort bald wahrscheinlich gar keinen Gehirnschmalz mehr in gute Ideen stecken mag, weil's ja sowieso wieder in die Hose geht — auch damit muss Schluss sein.

Ehrlich gesagt (3.): Ich habe großen Respekt vor religiösen Traditionen und Einstellungen. Aber in stark katholisch geprägten Ländern wie etwa Italien oder Spanien (andere würden einem sicher auch noch einfallen), ist es völlig selbstverständlich, dass viele große und kleine Geschäfte sonntags — und zwar von morgens bis abends — geöffnet sind. Sonntagsruhe — von wegen ...

Niemand, der nicht möchte, muss seinen Laden sonntags öffnen. Es ist die freie Entscheidung des Inhabers, ob man mitmacht bei einem verkaufsoffenen Sonntag. Und ob die Mitarbeiter, die dann sonntags ran müssen, anständig bezahlt (oder mit Freizeit entschädigt) werden — das ist wiederum eine Sache, für die eine starke Gewerkschaft gebraucht wird.

Ehrlich gesagt (4.): Mich persönlich interessieren verkaufsoffene Sonntage überhaupt nicht. Aber sie sind echte Publikumserfolge. Sie fluten regelmäßig die Innenstädte mit Kunden, die Einzelhändler nennen sie als eine der wichtigsten Marketing-Maßnahmen — und sie zeigen eine Stadt (inklusive der dazugehörigen City-Gastronomie) als pulsierendes Shopping-Ziel.

Ehrlich gesagt (5.): Ich fände es großartig, wenn die neue NRW-Landesregierung sehr schnell eine bestandsfeste Regelung auf die Beine stellt, nach der zum Beispiel flächendeckend für alle NRW-Kommunen meinetwegen fünf (oder mit den Stadtteilen, wie in Wuppertal üblich, zehn) frei wählbare verkaufsoffene Sonntage im Jahr erlaubt sind. Einfach so. Und basta. Schluss mit haarsträubenden Wortverdrehereien wegen irgendwelcher ausgedachter Anlässe, Schluss mit Zahlengeschacher, Schluss mit dieser hasenfüßigen Angst der Stadtspitze vor irgendwem, der eventuell vor den Kadi zieht.
Ehrlich gesagt (6.): Das wär' doch mal was, CDU und FDP!

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